Darum verlassen einige Lemgoer Ratsmitglieder aus Protest den Sitzungssaal

Lemgo. Das Minus ist etwas geringer geworden als bei der Haushaltseinbringung. Dennoch plant die Stadt für 2024 mit einem Defizit von rund 7,37 Millionen Euro. Der Rat hat dem Haushalt am Montagabend mehrheitlich zugestimmt, die FDP hat ihn abgelehnt. Gegenseitige Kritik gab es von allen Seiten. Auch Bürgermeister Markus Baier kam nicht ohne Tadel davon.

CDU: Schuldenbremse Fraktionschef Carsten Steinmeier ging in seiner Rede hart mit den anderen Fraktionen ins Gericht: &bdquo;Hätte man auf uns gehört und das Gewerbegebiet in Lieme erweitert, müsste jetzt die Gewerbesteuer nicht - oder nicht so stark - erhöht werden, weil wir bereits höhere Einnahmen durch mehr Zahler hätten.“ Und weiter: &bdquo;Hätte Lemgo die Ausgaben der linken Mehrheit in den Jahren 2020 bis 2022 nicht getätigt, müssten wir die Grundsteuer nicht erhöhen - oder zumindest nicht so stark wie jetzt geplant.“ Als Beispiele nannte er das Schülerticket, die Klimaschutzmanagerin und Schulsozialarbeiter. Er sprach von einem unnötigen Verkehrsversuch und einem teureren Kreisverkehr.

&bdquo;Ständig steigende Kosten im Sozialbereich, dauerhafte Mehrausgaben in der Jugendhilfe, höhere Kosten für die Unterbringung und Integration von Asylsuchenden belasten unseren Haushalt zusätzlich. Oben drauf kommen noch jedes Jahr höhere Kosten durch den Kreis, bei dem ein Wille zum Sparen, was eigentlich bei einer immer weiter ausufernden Kreisumlage Pflicht wäre, nicht im geringsten Vorhanden ist“, sagte Steinmeier.

SPD: Visionen für Lemgo Für unausweichlich hält Fraktionschef Alexander Baer die zuvor beschlossene Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuern, &bdquo;um eine drohende Haushaltssperre abzuwenden.“ Die Lage sei angespannt und erfordere einen maßvollen Umgang. &bdquo;Dennoch lässt sie uns als Kommunalpolitik weiterhin einen Gestaltungsspielraum zu“, meinte Baer. &bdquo;Anträge stellen, beraten und diskutieren ist aber nur möglich, wenn man Ideen und Visionen hat. Liebe Kollegen und Kolleginnen der CDU-/Aufbruch-C-Fraktionen, leider sehe ich das bei ihnen nicht gerade.“

In Richtung Markus Baier fragte er: &bdquo;Wofür stehen Sie eigentlich und wo möchten Sie mit der Alten Hansestadt Lemgo hin?“ Baer warf dem Stadtoberhaupt vor, sich auf den erfolgreichen Jahren der Vergangenheit auszuruhen, gegen sein eigenes Wahlversprechen agiert zu haben als er gegen Photovoltaik in der Innenstadt gestimmt hat und bezeichnete ihn als CDU-Bürgermeister, obwohl Baier parteilos ist.

Grüne: Nachhaltig handeln &bdquo;Kein Sparen auf Kosten der nächsten Generationen“, forderte Fraktionschef Dr. Burkhard Pohl mit Blick auf die Bildung in Lemgo. &bdquo;Wir Grünen wollen jetzt die Ertüchtigung der Grundschulen für den offenen Ganztag.“ Die bisherigen Beratungen seien zu knapp gewesen. Auch die Inklusion an den Schulen müsse verbessert werden. Pohl ging auch auf das Thema Klimaschutz ein und forderte dafür mehr Ressourcen und Personal. Auch er übte Kritik am Bürgermeister bezüglich des Votings gegen PV in der Innenstadt und gegen die FDP, die gegen die Steuererhöhung gestimmt hatte und stattdessen beim Klimaschutz sparen wollte.

In Richtung AfD sagte Pohl und erntetet damit zahlreiche Klopfer auf den Tisch: &bdquo;Sie enthalten sich bei Hilfen für Menschen mit Behinderung, sind gegen Projekte der Jugendkultur. Diese Menschen sind es Ihnen offenbar nicht wert genug. Solch eine Politik wollen wir hier nicht mehr haben.“ Er forderte die übrigens Ratsmitglieder auf, verantwortlich, nachhaltig und aktiv demokratisch zu handeln.

BfL: Kein Sanierungsstau Fraktionschef Wolfgang Sieweke ging in seiner Rede umfangreich auf die Steuererhöhungen ein, an denen kein Weg vorbeiführe. Er sagte aber auch: &bdquo;Obwohl es angesichts der katastrophalen Prognose für die nächsten fünf Jahre notwendig sein wird, kurzfristige Einsparungen vorzunehmen, sollten langfristige Investitionen in Bildung, Infrastruktur und Innovation nicht vernachlässigt werden.“ Sanierungsstau sei ein Fehler.

Die BfL habe auf Anträge, die den Hauhalt 2024 belasten, verzichtet und stattdessen nach Einsparungen gesucht und sie beim &bdquo;Bega-Balkon“ gefunden. Der FDP warf Sieweke vor, sich als &bdquo;Wir-sind-dagegen-Partei“ zu profilieren - genau wie die AfD.

FDP: Investition in die Realität &bdquo;Wir wollen den Bürgern das Geld belassen und nicht erst hohe Steuern einnehmen und dann umverteilen“, sagte Fraktionschefin Barbara Schiek-Hübenthal. Die Stadt solle sich auf ihre Kernaufgaben beschränken und nicht zusätzliche Aufgaben finanzieren, wie zum Beispiel einen Energie-Effizienz-Experten, von denen es genügend in der Privatwirtschaft gebe.

Bei den Haushaltsanträgen der anderen Fraktionen sehe sie &bdquo;leider eher keine Einsparbereitschaft“. Den Grünen warf sie Realitätsferne und Klientelpolitik mit Blick auf den geforderten Klimafolgenanpassungs-Manager vor. Die FDP hätte gerne auf die Treibhausgasbilanzierung verzichtet, &bdquo;da kleinteilige statistische CO2-Berechnungen keinen Mehrwert bringen.“ Stattdessen wünschte sie sich ein Konzept für die Sicherung der ärztlichen Versorgung in Lemgo.

AfD: Stellen prüfen Fraktionschef Ernst-Ulrich Frank kritisierte ausschweifend die Sanktionen gegen Russland, die EU-Politik und die Klimaschutzpolitik in Deutschland. CDU-Ratsherr Paul Smith fragte, was das mit dem Lemgoer Haushalt zu tun habe. Als Frank von der &bdquo;nicht enden wollenden Migration“ sprach, verließen einige Vertreter den Saal. Obwohl der Rat später einstimmig den Stellenplan beschloss, sagte Frank: &bdquo;Die Zahl der besetzten Stellen liegt zur Jahresmitte bei 26 unter dem Plan. Da die Verwaltung und die Eigenbetriebe offensichtlich trotzdem ganz gut funktionieren, stellt sich die Frage, ob der Stellenplan in dieser Höhe wirklich sein muss.“

eSL: Notwendige Steuererhöhungen Udo Golabeck, eSL-Fraktionschef, fragte in seiner Rede, wie 18 Haushaltsanträge, die meist mit hohen Kosten verbunden seien, mit den Sorgen bezüglich der Finanzen und den daraus resultierenden Steuererhöhungen zusammenpassen. Aus seiner Sicht gebe es keinen Anlass die Anhebungen zu verteufeln. &bdquo;Sie sind notwendig, um den städtischen Aufwand, unser aller Lebensqualität zu sichern.“ Er lobte die Stadt mit seinen &bdquo;starken Töchtern“ wie den Stadtwerken, die Sparkasse und Lemgo Marketing sowie die intakte Schullandschaft.

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