„Ungerecht“: Schülerticket verärgert Eltern auf den Dörfern

Lemgo. Es kam überraschend. Kurz vor Himmelfahrt brachten die Kinder den Brief aus der Schule mit. Tenor: Künftig müssen in Lemgo alle Schüler für den Bus zur Schule zahlen. Innerhalb weniger Tage sollten sich auch die Eltern entscheiden, die aufgrund des Schulwegs einen Anspruch auf Kostenerstattung haben: Deutschland-Ticket für sieben Euro im Monat oder nichts.

Viele, so erzählt auch Tim Drees, Familienvater aus Kirchheide, fühlten sich unter Druck gesetzt. Eine Option für sie gab es nicht. Denn laut politischem Beschluss sollen im kommenden Schuljahr alle Lemgoer Schüler die Möglichkeit auf ein vergünstigtes Deutschlandticket haben. Und da das auch einen größeren Freizeitwert beinhalte, sollen alle zahlen: Schüler, die aufgrund der Entfernung zur Schule einen Anspruch auf Kostenerstattung haben, zahlen 7 Euro für das Ticket. Für den Rest ist es für 12 Euro oder wahlweise die LemgoCard für 7 Euro zu haben - oder sie entscheiden sich gegen das Abo-Modell, nutzen das Rad oder gehen zu Fuß.

LemgoCard für zwei Euro Diese Wahl aber haben die Schüler, die aufgrund der Entfernung auf den Schulbus angewiesen sind, nicht. Und so muss auch der Kirchheider Tim Drees für Tochter und Sohn im kommenden Schuljahr insgesamt 14 Euro pro Monat für die Busbeförderung nach Lemgo zahlen. Für ein Ticket, das Sohn und Tochter eigentlich in ganz Deutschland nutzen könnten, das sie aber auch aufgrund ihres Alters eigentlich nur für den Schulweg brauchen.

Das Vorgehen von Verwaltung und Politik verärgert Tim Drees, ebenso wie andere Eltern aus seinem Kirchheider Bekanntenkreis, von denen auch der Ortsausschussvorsitzende Eric Hagedorn zu berichten weiß. &bdquo;Da geht es mir nicht darum, dass wir für den Schulbus zahlen müssen“, stellt Tim Drees klar. Das sei in Zeiten von leeren Kassen durchaus zu verstehen.

Wohl aber ärgere ihn, dass sie keine Option hätten. Seine Kinder seien auf den Schulbus angewiesen und damit müssten sie sich für das Deutschlandticket entscheiden. &bdquo;Warum“, fragt Tim Drees, &bdquo;hat man uns nicht zumindest die Auswahl zwischen Deutschlandticket für sieben Euro und der LemgoCard für zum Beispiel zwei Euro im Monat gelassen?“ Das wäre für die Stadt wirtschaftlich zudem auch günstiger gewesen.

Doch diese Option für die &bdquo;Dorfkinder“ gab es nicht, vielmehr habe der Fokus offensichtlich darauf gelegen, möglichst allen Schülern günstige Konditionen für den ÖPNV im weiten Umfeld zu ermöglichen . Das kann Tim Drees durchaus nachzuvollziehen, doch &bdquo;uns Dörfler hat man dabei wohl etwas vergessen“. Der Familienvater ist überzeugt, &bdquo;da wurden handwerkliche Fehler gemacht, das Ganze ist einfach nicht zu Ende gedacht“.

Bürgermeister kann Vorschlag etwas abgewinnen So wie andere Eltern aus den Ortsteilen auch wünscht er sich, dass die Fraktionen das Ganze noch einmal überlegen. Ähnlich äußern sich auch Eltern in einem Brief an das Schulamt, wünschen sich aber das kostenlose Schülerticket zurück, so wie es sie vor dem &bdquo;Experiment“ Westfalenticket, wie sie schreiben, gegeben habe. ( Anmerkung der Redaktion : Das Westfalenticket war auf Antrag von SPD und Grünen die vergangenen zwei Jahre auf Probe kostenfrei an alle Schüler der weiterführenden Schulen vergeben worden.)

Bürgermeister Markus Baier hat auf Nachfrage der LZ durchaus Verständnis für das Ansinnen des Kirchheiders. &bdquo;Die LemgoCard als Option, gegebenenfalls auch für zwei Euro für die anspruchsberechtigten Schüler, damit könnte ich gut leben.“ Allerdings müsste das in den politischen Gremien weiter beraten werden. Den kurzfristigen Zeitplan erklärt er vor allem mit der Evaluation, die erst spät vorgelegen habe. Denn nach Beschluss von 2022 sollte nach zwei Jahren mit freiem Westfalenticket erneut auf Grundlage dieser Auswertung beraten werden. Die habe aber nicht nur erst sehr spät vorgelegen, sondern auch wenig konkrete Aussagen für die Lemgoer erbracht.

Alles eine Frage der politischen Mehrheit Und natürlich, sagt der Bürgermeister, sei die von der Verwaltung vorgeschlagene Linie , die letztlich in einem leicht veränderten Kompromiss mit verbesserten Konditionen für die nicht berechtigten Schüler im Rat beschlossen wurde, auch den politischen Mehrheiten geschuldet. Und was die freie Ticket-Vergabe nur für Fahrschüler betrifft, so wie es sich auch CDU und FDP zurückwünschten: Die wäre zwar deutlich günstiger als die aktuell gewählte Variante mit 800.000 jährlichem Zuschuss, doch dafür hätten im Rat eben die Mehrheiten gefehlt.

Nach Aussagen von Bürgermeister Markus Baier haben sich bis Frist-Tag 17. Mai rund 95 Prozent der anspruchsberechtigten Schüler für das Deutschlandticket entschieden. Bei den nicht berechtigten Schülern hätten etwa 35 Prozent für das Deutschlandticket und weitere 25 Prozent für die LemgoCard votiert.

Diese Wahlmöglichkeit, wenn auch zu anderen Konditionen, die hätte auch Tim Drees gerne gehabt.

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