Leopoldshöhe-Bechterdissen. Georg Clasbrummel ist sauer. Im Jahr 2016 hatte die Gemeinde in der Anliegerstraße „Am Wellenholz" einen Regenwasserkanal verlegt und die Straße anschließend nach „Leopoldshöher Standard" ausgebaut – gegen den Protest der Anlieger. Jetzt fühlen sich Clasbrummel und die übrigen Anlieger von der Landesregierung und den Landtagsfraktionen von CDU und FDP verschaukelt und haben einen offenen Brief an Landesbau-ministerin Ina Scharrenbach (CDU) verfasst.
Die Landtagsfraktionen von CDU und FDP haben eine Neuregelung der Anliegerbeiträge nach Paragraf 8, Kommunalabgabengesetz (KAG) vorgeschlagen. Nach dieser Vorschrift dürfen Kommunen Straßenbaubeiträge von Anliegern der Gemeindestraßen verlangen, wenn der Ausbau für die Anwohner eine Verbesserung darstellt. Die Kosten für diese Ausbauten werden nach bestimmten, in einer Satzung festgelegten Schlüsseln auf die Anlieger verteilt. Dabei ist neben anderen Kriterien die Grundstücksgröße ein Faktor.
CDU und FDP im Landtag wollen nun die bisherigen, von den Kommunen angewandten Höchstsätze halbieren. Bisher sind diese Höchstsätze gesetzlich nicht festgelegt. Eine Orientierung bietet die sogenannte „Lüneburger Entscheidung" des Oberverwaltungsgerichtes Lüneburg aus dem Jahr 1969 (AZ: I A 23/68).
Das Gericht legte damals drei Arten von Gemeindestraßen fest: Anliegerstraßen, Haupterschließungsstraßen und Hauptverkehrsstraßen. Hier und in vielen nachfolgenden Entscheidungen arbeitete das Gericht angemessene Beteiligungssätze heraus. Nach Ansicht des Gerichtes werden Anliegerstraßen zu 75 Prozent von den Anliegern genutzt, Haupterschließungsstraßen zu 50 bis 60 Prozent und Hauptverkehrsstraßen zu 25 bis 60 Prozent. In späteren Entscheidungen stellte das Gericht fest, dass ein Vorteil für die Anlieger gegeben ist, wenn mindestens 50 Prozent des Verkehrs Anliegerverkehr ist. (AZ: 9 C 2.79 aus dem Jahr 1980). Gibt es einen solchen Vorteil nicht, darf nicht abgerechnet werden. An diesen Entscheidungen orientieren sich bis heute bundesweit Kommunen und Verwaltungsgerichte. Auch die Mustersatzung des Städte- und Gemeindebundes, auf die die Leopoldshöher Satzung zurückgeht, orientiert sich an diesen Werten. Nordrhein-Westfalen wäre das erste Bundesland, das Beitragssätze gesetzlich festschreibt.
Die Landtagsfraktionen wollen die Beiträge neu staffeln und ausschließlich nach den Gesamtkosten ausrichten. So sollen bei den Anliegerstraßen die Anlieger 40 Prozent der Kosten tragen, bei Haupterschließungsstraßen 30 Prozent. Bei Hauptverkehrsstraßen sollen die Anlieger für Fahrbahnen und Radwege 10 Prozent sowie bei Parkstreifen und Gehwegen 40 Prozent zahlen. Bei Hauptgeschäftsstraßen zahlen die Anlieger für Fahrbahn und Radwege 35 Prozent sowie bei Parkstreifen und Gehwegen 40 Prozent. Die Leopoldshöher Satzung erfasst zurzeit nur die ersten drei Straßentypen.
Die Straße „Am Wellenholz" geht als Stichstraße vom Grenzweg ab und ist damit eine Anliegerstraße. Als die Gemeinde die Straße ausbauen ließ, hatte sie gerade auf Drängen der Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) die Anliegeranteile für diesen Straßentyp von 50 auf 70 Prozent der Kosten angehoben. „Damit wird unser Gerechtigkeitsempfinden arg strapaziert", schreiben die Anlieger an die Bauministerin. Sie seien die einzigen in der Gemeinde, für die diese Beitragshöhe gelten würde, sollten die Vorschläge von FDP und CDU wirksam werden. „Bis zu 13.000 Euro mussten Anlieger zahlen", sagt Georg Clasbrummel. Die Anlieger fordern, den Übergang zum möglichen neuen Recht stufenweise über einen längeren Zeitraum zu gestalten. Für sie sei die neue Regelung anders als behauptet „sehr unsozial und unausgewogen".