Schieder-Schwalenberg. Das Schwalenberg-Stipendium des Landesverbandes Lippe ging im Jahr 2024 an Michael Eppler (*1987), der in Karlsruhe studierte und in Leipzig lebt und arbeitet. Am Wochenende zeigt er, was er in Schwalenberg erarbeitet hat. Die Abschlussausstellung wird flankiert von den Gastkünstlerinnen Lisa Wölfel und Theresa Rothe. Die Eröffnung ist Sonntag um 15 Uhr im Robert-Koepke-Haus.
Michael Eppler nähert sich laut Mitteilung der Kulturagentur des Landesverbandes neuen Orten zunächst einmal zeichnerisch und erfasst die Atmosphäre und Besonderheiten, aber auch die Parallelen zu anderen Orten in Deutschland. Eppler zeichnet direkt im Freien seine unmittelbare Umgebung. Dabei lenkt er oft den Blick auf vermeintlich profane Ecken. Es geht ihm nicht um Postkartenmotive, vielmehr will er die Essenz eines Ortes herausarbeiten. Ein weiterer großer Werkkomplex ist die Malerei, die im Atelier entsteht. Dabei hat Eppler ein Verfahren entwickelt, das er „Schaumbilder” nennt und das verblüffende Ergebnisse hervorbringt, die eher Relief als Malerei sind.
„Permanent Vacation“
Während seines Stipendiums in Schwalenberg hat sich Eppler überwiegend mit Zeichnungen befasst. Eppler nähert sich vor allem dem, was der Mensch aus seinem Umfeld und der Natur gemacht hat, er beobachtet und vergleicht, und arbeitet mit feinster Tuschezeichnung genau die kleinen Eigenheiten heraus.
Wie einen Langzeiturlaub, also eine “permanent vacation“, empfand Eppler sein Stipendium in Schwalenberg: “Aber was soll das bedeuten? Ich versuche, den unverbrauchten Blick eines Langzeiturlaubers oder Reisenden auf die Wiederholungsschlaufen unseres Alltags zu richten. Oft bin ich den ganzen Tag unterwegs, nur um ein Motiv zu finden. Das eigentliche Zeichnen geht dann recht schnell. Wenn ich mir ein bestimmtes Ziel gesetzt habe, steigt meine Vorfreude im gleichen Maß, wie die Kilometerzahl auf den Wanderwegschildern abnimmt. Der Ort, den ich dann antreffe, weicht manchmal stark von meiner Erwartungshaltung ab. Aus diesem Spannungsfeld heraus zeichne ich nicht unbedingt, was ich sehe, sondern mehr, was ich mir vorgestellt habe”, wird er in der Mitteilung zitiert.
Diese Herangehensweise findet ihren Ausdruck auch in Zeichnungen von Landmarken und Ausflugszielen wie der 1000-jährigen Linde in Elbrinxen oder dem Schiedersee. Die Bildmotive sind angefüllt mit den Erwartungen, die der Künstler auf dem Weg dorthin von seinem Ziel hatte, gepaart mit den Beobachtungen vor Ort. Für die Ausstellung ist eine Riesenzeichnung aus Schwalenberg entstanden, hier hat Eppler verschiedene Motive, die er unterwegs gesammelt hat, wie eine Collage vereint und somit die gesamte Atmosphäre des Ortes auf drei große, zusammengefügte Papierbahnen gebannt.
Ateliergemeinschaft in Leipzig
Die Gastkünstlerinnen Lisa Wölfel und Theresa Rothe arbeiten in Leipzig in einer Ateliergemeinschaft mit Michael Eppler. Lisa Wölfels überwiegend großformatige Menschenbilder und Tiermotive sind expressiv und farbgewaltig und changieren zwischen Abstraktion und Figuration, zwischen Intuition und Kontrolle. Eines ihrer generellen Interessen ist die Verbindung zwischen Natur und Mensch.
Lisa Wölfel befasst sich mit gefühlten Prozessen, Ebenen und Realitäten, die schwer in Worte zu fassen sind, in Bildern aber greifbar werden. Für Lisa Wölfel muss ein gutes Bild kurz vorm Platzen sein, ohne ganz zu explodieren. Es darf nervig sein, kitzeln, ärgern. Es darf auch niedlich sein, anschmiegsam, eklig und plakativ. Das Motiv muss überraschen, auch beim mehrmaligen Hinsehen: Wenn dieses Kriterium erfüllt ist, ist ein Bild in den Augen von Lisa Wölfel fertig.
Starke Ambivalenz
Traumbilder und Fantasien bilden häufig die Ausgangslage der riesigen Stoffskulpturen von Theresa Rothe, die in einer Auseinandersetzung mit dem Unbewussten münden und sich durch eine starke Ambivalenz auszeichnen. Der künstlerische Prozess ist für Theresa Rothe eine Möglichkeit, sich mit ihrer inneren Welt auseinanderzusetzen und Dingen, für die sie keine Worte findet, eine Gestalt zu geben, um sich letztlich selbst näherzukommen. Die Künstlerin gewährt den Betrachtern somit einen intimen Einblick in ihre innere Welt, die auch Konflikte sichtbar macht – die Spannung, die entsteht, wenn Dinge oder Welten aufeinandertreffen, die eigentlich nicht zusammengehören.
Diese Nuancen von surrealistischem und persönlichem Erleben kreieren in ihren Arbeiten ein Spannungsfeld, welches zwischen Groteskem und Spiel, These und Antithese, Traum und Realität, Innen und Außen changiert. Die Künstlerin lädt die Besucher ein, sich mit den eigenen Ängsten, Wünschen und Fantasien auseinanderzusetzen.