SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert stellt sich in Espelkamp etwa 70 protestierenden Landwirten

Kreis Minden-Lübbecke/Espelkamp. Als der junge SPD-Generalskretär Kevin Kühnert vom Bundestagsabgeordneten Achim Post und dem SPD-Kreisvorsitzenden Michael Buhre vom Espelkamper Bahnhof abgeholt wurde und kurz danach am Veranstaltungszentrum Alte Gießerei eintraf, hatte er keine Zeit zum Durchatmen. Gleich wurde er von einer jungen Polizistin in Empfang genommen, die ihm die aktuelle Sachlage erklärte.

Rund 70 Landwirte waren mit ihren Treckern unter Begleitung von Fahrzeugen und Freunden des mittelständischen Handwerks an die Tore des alten Industrieareals gezogen, um mit ihm zu sprechen. Sie wollten eine Erklärung zur aktuellen Situation in der Landwirtschaft überreichen und mit ihm &bdquo;Tacheles reden“, so war zu hören.

Zuvor waren sie über die Beuthener Straße, die L 770 und die B 239 aus allen Himmelsrichtungen und unter hämmernden Rhythmen in die Stadt bis zum Veranstaltungsort gezogen, um sich dort zunächst niederzulassen.

Nach Informationen der Neuen Westfälischen war die Demonstration nicht angemeldet worden. Landrat Ali Dogan, der ebenfalls nach Espelkamp gekommen war, erhielt am Schluss der Veranstaltung als Chef der Polizei die Mitteilung, dass ein Polizeiwagen beschädigt worden sei. Weitere Informationen gab es zunächst nicht.

Landwirten brennt es auf den Nägeln

Kühnert wich mit seinen Begleitern dem Gespräch nicht aus und ging sofort auf die protestierenden Landwirte zu. Die Genossen mit ihren Gästen im großen Saal der Alten Gießerei zogen derweil das geplante Kaffeetrinken vor. &bdquo;Die Zeit der Sitzungen von Kammern und Runden Tischen sei nunmehr vorbei, machten die anwesenden Landwirte dem zuhörenden Sozialdemokraten deutlich. Es brenne ihnen unter den Nägeln, die Situation in der Landwirtschaft verschlechtere sich zusehends und sie könnten nicht mehr warten.

&bdquo;Die Probleme von uns und dem Mittelstand überhaupt müssen endlich erkannt werden“, sagte Landwirt Matthias Hafer. Stefan Schmidt, stellvertretender Vorsitzender des landwirtschaftlichen Kreisverbandes, zählte die wichtigsten Fragen wie die Erzeugerpreise, die Subventionen, die Steuern, ökologische Wende und die &bdquo;vielen bürokratischen Monster“ auf und forderte zumindest eine Gleichbehandlung mit den Landwirten in den anderen europäischen Ländern.

Bundeskanzler Olaf Scholz sollte sich zur Landwirtschaft bekennen und &bdquo;ein Wort dazu sagen, dass die Landwirtschaft in Deutschland die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln sichert“. Die soziale Marktwirtschaft tue der Landwirtschaft nicht gut, so die Meinung aller Anwesenden. Sie mache die Konzerne immer größer und schädige den kleinen bäuerlichen Betrieb. Sie forderten einen &bdquo;deutlichen Kurswechsel“ der Regierung und luden Kühnert mehrfach ein, ihre Betriebe zu besuchen, so auch Landwirt Volker Schmale.

Bei allen Diskussionen immer bei den Fakten bleiben

Es sei schwierig, bestehende Gesetze zu ändern, so Kühnert in seiner Erwiderung. Er appellierte an alle Beteiligten, weiterhin im Gespräch zu bleiben und diese zu intensivieren. “Wir sind auf dem Weg, aber das geht nicht immer so schnell“, gab er zu bedenken. Auch der heimische SPD-Bundestagsabgeordnete Achim Post erinnerte daran, dass er seit mehr als zehn Jahren immer wieder mit den heimischen Landwirten spreche und auch das Gespräch nie abgebrochen sei. Kühnert stellte fest, dass man bei allen Diskussionen immer bei den Fakten bleiben solle. Er machte deutlich, dass sicherlich nicht alles richtig gelaufen sei und weitere Änderungen geplant seien, dennoch gebe es auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen Probleme. Auch hier gebe es Handlungsbedarf.

Wieder im großen Saal der Alten Gießerei angekommen, brandete für den SPD-Generalsekretär Beifall der mehr als 400 Besucher auf, die ihm seine einstündige frei gehaltene Rede mit Begeisterung abnahmen. Es wurde ein Parforceritt durch unterschiedlichste Themen der Politik und der gesellschaftlichen Entwicklungen. Er appellierte an die Kritiker der Ampel-Koalition doch auch einfach mal zu akzeptieren, dass diese von einer Mehrheit der Bevölkerung seinerzeit gewählt worden seien.“Wer hier grundsätzlich die Spielregeln unserer Demokratie anzweifelt, der gefährdet sie grundsätzlich.“

Beim Thema Finanzen ist der Generalsekretär gegen eine weitere Sparpolitik, wie sie von Herrn Lindner von der FDP praktiziert werde. Der Staat müsse handlungsfähig bleiben, für die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft werde zu wenig investiert. Er prognostiziert einen Zusammenbruch, wenn nicht gegengesteuert werde.“Falsch und viel zu allgemein“ sei es, wenn davon geredet werde, dass der &bdquo;Sozialstaat zu fett ist“.

Auch im Vergleich zu anderen europäischen Ländern gebe es &bdquo;keine überbordende Sozialquote“, macht er deutlich. Sie sei immer noch unter 30 Prozent. Handlungsbedarf gebe es beim Steuersystem, insbesondere bei den Erbschaftssteuern, so Kühnert. Dies betreffe vor allem &bdquo;die ganz großen Vermögen“. Gleichzeitig müssten die Betriebe &bdquo;steuerfest gemacht werden“, die Quote hier liege bei 30 Prozent. Dies komme im Wettbewerb nicht gut an.

Bei den Kundgebungen bitte auch die Parteien zulassen Die allgemeine Unzufriedenheit führe dazu, dass sich die Menschen in ihr Schneckenhaus zurückziehen werden. Eine weitere Zersplitterung im Parteiensystem führe seiner Meinung nicht dazu, die Demokratie zu stärken, sondern erreiche das Gegenteil. &bdquo;Schaut Euch in den Niederlanden um, wo 20 Parteien im Parlament sitzen. Das geht nicht gut.“ Kernaufgabe von Demokratie sei es &bdquo;miteinander Kompromisse zu schmieden“.

Kühnert: &bdquo;Wir müssen miteinander im Gespräch bleiben“. Für unterschiedliche Perspektiven und Bedürfnisse müsste es einen Interessenausgleich geben. Kühnert hatte noch zwei Bitten an alle: Jeder soll in seinem Bereich darauf achten, dass Demokratiefeinde sich nicht durchsetzten. Und bei den Kundgebungen gegen rechts sollten auch die Parteien dabei sein dürfen. &bdquo;Auch sie bilden einen Teil unserer Zivilgesellschaft ab, das dürfen wir nicht verachten.“

Es sei wichtig, die Gleichwertigkeit aller Menschen zu akzeptieren. Demokratiefeinde würden sie unterminieren. Kühnert stellt fest, dass 27 Prozent aller Einwohner Deutschlands Menschen mit Migrationsgeschichte seien, das sind etwa 20 Millionen. Er hält nichts davon, die Gegner der Demokratie totzuschweigen. &bdquo;Man muss auch einem Herrn Höcke zuhören, um zu wissen, was geplant ist“, sagt Kühnert. Da müsse genau zugehört werden, wenn hier von Separierung gesprochen werde, da werde wertes von unwertem Leben getrennt. &bdquo;Genau das hatten wir doch schon mal“, wird er deutlich.

USA auf &bdquo;Rutschbahn zum totalitären Staat“ Es sei wichtig für die Zivilgesellschaft, dass sich diese nicht kleinkriegen lasse. Er blickte in vergleichbare wohlhabende Staaten wie Deutschland. Unverständlich sei für ihn, wie in den USA, die sich auf einer &bdquo;Rutschbahn zum totalitären Staat bewegt“. Wie könnte es sein, dass Menschen mit Fahnen in der Hand, die sie als Waffen missbrauchten, auf ihre eigenen demokratischen Institutionen losgingen und diese zerstören wollten.

Beim Thema Finanzen ist der Generalsekretär gegen eine weitere Sparpolitik, wie sie von Herrn Lindner von der FDP praktiziert werde. Der Staat müsse handlungsfähig bleiben, für die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft werde zu wenig investiert. Er prognostiziert einen Zusammenbruch, wenn nicht gegengesteuert werde.“Falsch und viel zu allgemein“ sei es, wenn davon geredet werde, dass der &bdquo;Sozialstaat zu fett ist“.

Auch im Vergleich zu anderen europäischen Ländern gebe es &bdquo;keine überbordende Sozialquote“, macht er deutlich. Sie sei immer noch unter 30 Prozent. Handlungsbedarf gebe es beim Steuersystem, insbesondere bei den Erbschaftssteuern, so Kühnert. Dies betreffe vor allem &bdquo;die ganz großen Vermögen“. Gleichzeitig müssten die Betriebe &bdquo;steuerfest gemacht werden“, die Quote hier liege bei 30 Prozent. Dies komme im Wettbewerb nicht gut an.

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