Nach Kündigung: Aggressiver Fensterputzer verprügelt Kellner in Bad Oeynhausen

Bad Oeynhausen. Eigentlich wollte der Fensterputzer nach der Kündigung bloß ein Bier trinken. So erzählt er es jedenfalls als Angeklagter vor Gericht. Nach seiner Entlassung habe er sich an diesem Samstag, 9. September, ins Café am Kurpark gesetzt. Doch dann hätten sich am Nachbartisch mehrere Gäste über ihn und sein schlechtes Deutsch lustig gemacht. Als der Kellner dann so getan habe, als wolle er mit einem Stuhl auf ihn einschlagen, habe er sich &bdquo;bloß gewehrt“, übersetzt die Italienisch-Dolmetscherin und einmal mit der Faust zugeschlagen: &bdquo;Der Kellner ist aber sofort wieder aufgestanden.“

Das Amtsgericht Bad Oeynhausen entlarvte diese Geschichte als Märchen. In der Fortsetzung des Strafprozesses schilderten mehrere Café-Gäste, die Zeugen der Prügelattacke wurden, ihre Sicht. Demnach ging die Gewalt einzig und allein von dem Angeklagten aus. Der 40-jährige Mann, der seit zehn Jahren in Deutschland lebt, soll schon aggressiv gewesen sein, als er sich ins Café setzte.

&bdquo;Er hat die ganze Zeit vor sich hin geschimpft“, berichtet der Kellner: &bdquo;Stupido, stupido“, habe der Angeklagte immer wieder zu ihm gesagt. Und auch wenn er kein Italienisch spreche, so der Kellner, habe er doch verstanden, dass das eine Beleidigung sei. Auf Deutsch heißt das: Dummkopf.

Kellner und Fensterputzer waren keine Kollegen Warum der Fensterputzer den Kellner beleidigte, ist unklar. Beide arbeiteten zwar für den gleichen Arbeitgeber, zu dem auch das Café am Kurparkeingang gehört. Allerdings war der Fensterputzer nie Kellner im Café. Der Angeklagte sei zuvor lediglich mit Glasarbeiten in der Firmengruppe beschäftigt gewesen, berichtet der Kellner. Die beiden verstehen sich auch nicht als Kollegen - anders als in der Anklage der Staatsanwaltschaft Bielefeld dargestellt. Darauf legt der Kellner Wert. Nach den Schlägen habe er ihn auch nicht wieder gesehen.

Und auch einen zweiten Punkt stellt der Kellner richtig: Die Gäste im Café, die ihm zur Hilfe eilten, seien wirklich Gäste gewesen - und nicht seine Freunde, wie der Angeklagte noch zum Prozessauftakt behauptet habe: &bdquo;Wir haben auch nicht über den Angeklagten gelästert.“ Ganz im Gegenteil.

Nachdem der Kellner die Schimpfereien eine Zeit lang ertragen hatte, forderte er den Angeklagten auf, das Café zu verlassen. Dabei sei ihm aufgefallen, dass der Angeklagte &bdquo;leuchtende Augen“ hatte, so der Kellner: &bdquo;Der war nicht bloß betrunken.“ Dann habe er das Geschirr abgeräumt und sei gegangen, als er plötzlich einen Stoß im Rücken spürte. Der Kellner stürzte und bekam links und rechts zwei Faustschläge ins Gesicht.

&bdquo;Ich habe nur den Stuhl fliegen sehen“ Die Polizei dokumentierte wenig später eine blutende Verletzung am Ellenbogen. Der Kellner klagte über Schmerzen im Gesicht, ließ sich aber nicht krankschreiben. Ein anderer Gast, der mit seinem Freund im Café saß, wurde Zeuge der aggressiven Stimmung.

Beide waren zunächst bloß Ohrenzeugen der Aggression. &bdquo;Ich habe nur den Stuhl fliegen gesehen“, sagt der Zeuge. Dann hätten sie den Angeklagten vom Kellner getrennt. Sein Freund ist mittlerweile verstorben. Der Richter verliest deshalb dessen Zeugenaussage bei der Polizei, die den Angeklagten als Aggressor beschreibt.

Auch ein junger Mann und seine Freundin beobachteten die Szene aus der Entfernung und riefen die Polizei. Die Beamten seien auch sofort da gewesen, berichtet der 18-Jährige. &bdquo;Bad Oeynhausen ist ja langsam für so was bekannt“, sagt er in Anspielung auf die tödliche Prügelattacke vorm Kaiserpalais.

Kellner zum Glück nur leicht verletzt Der Staatsanwalt macht dem Angeklagten deutlich: &bdquo;Ihre Darstellung ist damit widerlegt.“ Weil kein Zeuge gesehen hat, dass der Angeklagte mit dem Stuhl auf den Kellner einschlug, stehe strafrechtlich aber keine gefährliche, sondern nur noch eine vorsätzliche Körperverletzung im Raum. Der Angeklagte muss deshalb nicht mit einer Haftstrafe rechnen. &bdquo;Sie haben sich sehr merkwürdig verhalten“, so der Staatsanwalt. Nur durch Zufall habe der Kellner keine schwereren Verletzungen erlitten. Schließlich hätte der Kopf auch auf das Pflaster aufschlagen können. Der Angeklagte erwidert, der Staatsanwalt mache es sich zu einfach und blende seine Darstellung einfach aus.

Der Richter folgt dem Staatsanwalt und verurteilt den wegen Betrugs vorbestraften Fensterputzer zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu 30 Euro (2.400 Euro). &bdquo;Es ist tatsächlich ganz einfach“, so der Richter. Die angeblichen Provokationen hätten sich nicht bestätigt, der Kellner habe nachvollziehbar geschildert, was ihm geschehen sei. &bdquo;Sie waren der Aggressor“, sagt der Richter zum Angeklagten. &bdquo;Da war auch nichts abgesprochen und es gab keine Verschwörung gegen Sie.“

Obwohl der Angeklagte mit der Verurteilung nicht einverstanden ist, verzichtet er auf Rechtsmittel. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

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