"Profit durch Personalabbau": Primark in Bielefeld in der Kritik

Bielefeld/Düsseldorf. Rund 4.000 Beschäftigte aus ganz NRW sind nach Angaben der Gewerkschaft Verdi dem Aufruf zu einem Warnstreik gefolgt, der im Rahmen der Tarifgespräche für den Einzel- und Großhandel stattfindet. Darunter waren laut Verdi auch rund 350 Beschäftigte aus Ostwestfalen. &bdquo;Die Stimmung ist Wahnsinn. Die Leute stehen endlich auf“, berichtet Nina Begemann, Verdi-Sekretärin für den Fachbereich Handel bei Verdi in OWL.

Es geht in den Verhandlungen um die zentrale Forderung von 13 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 400 Euro. Das heißt 2,50 Euro mehr Lohn pro Stunde. Doch nicht nur die Lohnforderungen sind ein drängendes Thema in der Branche. Viele Betriebe haben zuletzt einen massiven Abbau von Arbeitsplätzen erlebt. So schrumpfen zum Beispiel die Primark-Filialen in Deutschland. Nicht nur an der Zahl, auch am Personal.

Vor wenigen Wochen kündigte die Modekette an, vier Filialen zu schließen. 420 Mitarbeiter sind davon betroffen. Die Primark-Filiale in Bielefeld ist die einzige in Ostwestfalen-Lippe. Sie ist zwar nicht von einer Schließung betroffen, Personalabbau gab und gibt es aber auch dort. "Bei der Eröffnung vor fünf Jahren haben noch knapp 150 Angestellte mehr in der Filiale gearbeitet", sagt Begemann. Der dreistöckige Store, der im Einkaufszentrum Loom beheimatet ist, startete 2017 mit 200 Mitarbeitern.

Ähnliche Zustände in Düsseldorf Primark-Sprecherin Julia Ley sagt hingegen, dass aktuell etwa 140 Beschäftigte in der Bielefelder Filiale arbeiten. "Was wir generell für alle unsere Stores sagen können, ist, dass in den Monaten nach der Eröffnungsphase die Belegschaft hinsichtlich der entsprechenden Umsätze und Erfordernisse angepasst wird. Daher arbeiten wir üblicherweise mit temporären, befristeten Kräften in den ersten zwei Jahren, um anfängliche Spitzen abzudecken", so Ley.

Der Personalabbau macht sich auch im Service bemerkbar. Schon lange seien die Kassen in den oberen Etagen gar nicht mehr besetzt, sagt Nina Begemann. Doch anstatt der Personalnot entgegenzusteuern, reize das Unternehmen sie noch weiter aus. So biete die Geschäftsleitung dem Bielefelder Personal mitunter immer wieder Aufhebungsverträge an. "Diese Strategie fährt Primark schon seit zwei Jahren, jetzt wird sie aber aggressiver", erklärt die Gewerkschaftssekretärin.

Die Zustände in Bielefeld ähneln denen in der Düsseldorfer Primark-Filiale. Wie die "Rheinische Post" berichtet, ist auch dort das Personal in den vergangenen Jahren rapide reduziert worden: von 600 auf 150 Mitarbeiter. Lange Schlangen an den Kassen, vermehrter Diebstahl und ausgebranntes Personal seien die Folgen.

Auch H&M reduziert Personal Julia Ley erklärt, dass die Modekette in Zukunft neue Filialkonzepte testen wolle. "Die werden kleiner sein als die durchschnittlichen Primark- Stores in Deutschland und sich hinsichtlich des Angebots stärker an den lokalen Kundenbedürfnissen orientieren."

Doch nicht nur Primark reduziert sein Personal. Wie Begemann berichtet, fahren einige Modeketten diese Strategie – auch in OWL. So sei das mitunter bei H&M seit einigen Jahren Normalität. Das schwedische Unternehmen stand bereits 2021 für sein "Freiwilligenprogramm" in der Kritik. H&M kündigte damals an, 800 Stellen in Deutschland abbauen zu wollen. Dafür bot es den Mitarbeitern beim freiwilligen Ausscheiden Abfindungen an.

Das Programm richtete sich vor allem an Beschäftigte mit Kindern oder schwer behinderte Mitarbeiter, erinnert sich Begemann. "Sollte die Anzahl der Freiwilligen in diesem Programm nicht ausreichen, wird die Entscheidung über eine Sozialauswahl getroffen", teilte das Unternehmen damals mit.

Für Nina Begemann gibt es eine eindeutige Erklärung für das Vorgehen von H&M, Primark und anderen Modeketten: "Die machen am meisten Profit, wenn sie Personal sparen." Das Paradoxe daran: Seit dem Ende der Corona-Lockdowns erlebt der stationäre Handel einen Boom. "Die Kunden wollen wieder vor Ort beraten werden. Und dennoch wird kein Personal eingestellt", sagt die Verdi-Gewerkschaftssekretärin.

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