Im globalen Wettbewerb: Warum Konkurrenten ihr Know-how teilen sollten

Bielefeld. Dass in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nun alle zusammenhalten sollen, sei ja gewiss richtig. Ob sie es tun, mehr als fraglich. In einigen Kommentaren reagierte man mit gebremster Euphorie auf den "Deutschland-Pakt", den Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vorgeschlagen hatte – diesen nationalen Kraftakt zur Modernisierung des Landes.

Ob es die Bundesregierung mit ihren gebündelten Maßnahmen schafft, die Lust auf Gründungen und Innovationen positiv zu flankieren, ist eine Frage. Von großer Bedeutung sei auch die Eigenverantwortung der Wirtschaft, die sich vor allem in der Vernetzung zeige, wie aus der Studie "Innovative Milieus 2023" der Bertelsmann-Stiftung hervorgeht. "Wir fordern Unternehmen und Hochschulen auf, stärker aufeinander zuzugehen", sagt Armando García Schmidt, Wirtschaftsexperte der Bertelsmann-Stiftung. Die Vernetzung auf regionaler Ebene helfe gerade kleinen und mittleren Unternehmen.

In Ostwestfalen-Lippe weiß man schon seit längerer Zeit, dass Vernetzung ein Schlüssel für den wirtschaftlichen Erfolg sein kann. Der Verein OWL-Maschinenbau, der gerade sein zwanzigjähriges Bestehen gefeiert hat, wurde auf Initiative von 13 Unternehmen aus der Region gegründet. "Ziel war es, das Maschinenbau-Cluster im vorwettbewerblichen Bereich näher zusammenzubringen", erklärt das Netzwerk in einer Mitteilung. In der Region sollte "eine gemeinsame Kultur für Innovationen" entstehen.

Weniger Unternehmen neigen zu Innovationen Inzwischen zählt der OWL-Maschinenbau mehr als 230 Unternehmen zu seinen Mitgliedern. Standortmarketing, Kooperation mit Hochschulen und Erfahrungsaustausch – dies verbinde kleine und große Unternehmen, Hidden Champions, weltbekannte Marken, Start-ups und Konzerne aus dem Maschinenbau, sagt Jan-Hendrik Mohr, CEO des Landmaschinenherstellers Claas. "Wir haben es geschafft, OWL als führende Region in Deutschland und Europa bekannt zu machen."

Bestätigt fühlt sich auch die Geschäftsführerin von OWL-Maschinenbau, Almut Rademacher. "Die Studie der Bertelsmann-Stiftung zeigt, dass unsere Vereinsidee richtig war und ist", sagt sie. "Unternehmen, die sich in Netzwerken engagieren, sind besser positioniert, um den Herausforderungen der globalen Wirtschaft gerecht zu werden."

Was die Studie ebenfalls zeigt: Über die Corona-Pandemie hinweg neigen weniger deutsche Unternehmen zu Neuerungen. Der Anteil innovativer Unternehmen sinke bundesweit rapide, heißt es im Ergebnis. Nur noch jedes fünfte deutsche Unternehmen könne als herausragend innovativ bezeichnet werden. Im Jahr 2019 galt dies noch für jeden vierten Betrieb.

In OWL werden noch viele Patente angemeldet Wie innovationsfreudig ist die Maschinenbaubranche in Ostwestfalen-Lippe? "In der Region haben wir viele innovative Unternehmen, die in Forschung und Entwicklung investieren und die gut mit den Hochschulen und Instituten in der Region zusammenarbeiten", sagt Rademacher. "In OWL liegen wir mit 78 Patentanmeldungen je 100.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten weit vor dem Bundesschnitt (44) und dem Landesschnitt (29)."

Zugleich warnt die Netzwerkgeschäftsführerin vor einem bundesweiten Rückgang der Patentanmeldungen. "Viele Innovationsvorhaben wurden in der Corona-Zeit verschoben", sagt sie. "Da müssen wir jetzt wieder neuen Schwung holen."

Von der Bundes- wie von der NRW-Landesregierung erwartet Rademacher, dass die politischen Rahmenbedingungen möglichst große Spielräume für Innovationen bieten. "Wenn zu früh zu viele Regeln und bürokratische Hürden eingezogen werden, können Innovationsprojekte nicht angegangen werden."

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