Kostendesaster am Rathaus: Politiker zweifeln an Ehrlichkeit der Verwaltung

Bad Salzuflen. Als eine der &bdquo;traurigsten Vorlagen, die er in den letzten Jahren lesen musste" hat Bauausschuss-Vorsitzender Hans-Joachim Lücking die Vorlage der Verwaltung zu den geplanten Mehrkosten der Rathaus-Sanierung im Bauausschuss am Mittwochabend bezeichnet.

Wie berichtet, sind die Kosten für die technische und energetische Sanierung extrem gestiegen. Hinzu kommen Brandschutzmaßnahmen, Umbauarbeiten im Erdgeschoss rund um Ratsaal, Bürgerberatung und Eingangsbereich sowie weitere Baustellen wie Sanitärbereiche & Co. Mehr als 30 Millionen Euro wird die Sanierung nach jetzigem Stand wohl kosten.

Das sagt die Politik

Eines wollte Lücking (CDU) von vornherein klar stellen: Dass der Bauausschuss regelmäßig über die Änderungen informiert worden sei, stimme so nicht. Zwar habe man immer wieder von Verzögerungen erfahren. Die anfallenden Mehrkosten seien jedoch kein einziges mal beziffert worden. Die jetzige Situation sei nun &bdquo;total unbefriedigend". Zumal man 2018 davon ausgegangen war, ein Neubau würde 40 Millionen Euro kosten.

Hätte man von der heutigen Kostenkalkulation damals gewusst, dann wäre der Schritt zum Neubau sicher nicht weit gewesen, glaubt Lücking. Und: &bdquo;Der würde heute stehen." Jetzt sei die Misere aber nun mal da. &bdquo;Damit müssen wir jetzt fertig werden."

Überlegung, das Vorhaben zu stoppen?

Michael Böttcher (SPD) fragte sich, weshalb man Dinge wie den mangelnden Brandschutz oder die sanierungsbedürftigen Sanitärleitungen nicht bereits im Vorfeld auf dem Schirm hatte. &bdquo;Dass die nach fast 50 Jahren in Nutzung eventuell nicht mehr in Ordnung sind, hätte man doch sehen können." Ob die Verwaltung zwischenzeitlich überlegt habe, das Bauvorhaben zu stoppen und einen Teilabriss samt Neubau in Erwägung gezogen habe? Am Ende bliebe nun wohl nicht anderes übrig, als den Maßnahmen zuzustimmen. &bdquo;Entweder wir bauen ein neues Rathaus oder wir investieren."

Konrad Becker von der AfD sah das Vorhaben, das an den Berliner Flughafen erinnere, aus Sicht seiner Partei als gescheitert an und forderte, die Sanierung zu stoppen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Vertrauensverlust

Regina Perunovic (FDP) brachte das &bdquo;Desaster" des Schulzentrums Aspe ins Spiel – das habe sich jetzt beim Rathaus wiederholt. Sie habe den Eindruck, dem Ausschuss sei vieles in einer Art &bdquo;Salami-Taktik" serviert worden: Erst sei nur von einer energetischen Sanierung die Rede gewesen, dann kamen scheibchenweise weitere Projekte dazu. So habe sich der Eindruck verfestigt, dass man eigentlich am Anfang schon gewusst habe, dass das Rathaus kernsaniert werden muss, wofür man aber eventuell keine politische Mehrheit bekommen hätte. &bdquo;Und wenn wir dann erst in einem Prozess drin sind, dann kommen wir aus der Nummer ja nicht mehr raus."

Dass der Ausschuss ihrer Meinung nach anfangs nicht ehrlich informiert worden sei, führe auch dazu, dass das Misstrauen in weitere Beschlussvorlagen der Verwaltung wachse. &bdquo;Gewisse Sachen hätte man einfach wissen müssen." Sie habe große Zweifel an der Fachkompetenz und der Seriosität derjenigen, die das alles mitbegleitet hätten.

"Nicht einfach durchwinken"

Christian Stiller (CDU) betitelte die Kostenaufstellung als &bdquo;jenseits von Gut und Böse". Kostensteigerungen von teilweise mehr als 400 Prozent könne er schlichtweg nicht nachvollziehen. &bdquo;Da muss doch irgendjemand falsch gehandelt haben." Er sei nicht in der Lage, die Mehrkosten einfach durchzuwinken, ihm fehle das Verständnis.

Angelika Juring von den Grünen wollte wissen, mit welcher prozentualen Erhöhung bis Ende der Bauzeit noch zu rechnen sei. Sie glaube nicht, dass die 30 Millionen die finale Endsumme seien.

Das sagt die Verwaltung

Auch die Verwaltung habe nicht anders reagiert als die Politiker, als sie von der immensen Kostensteigerung erfahren hatten, betonte Technischer Beigeordneter Bernd Zimmermann. Die Frage, warum man vor drei Jahren nicht direkt aufgezeigt habe, dass statt einer Fassaden- eine Rathaussanierung anstehe, könne er so auch nicht beantworten. Er habe damals gerade erst im Salzufler Rathaus angefangen. &bdquo;Mir waren die ganzen Fakten damals nicht bekannt."

Dennoch höre er die Frage, wie das passieren konnte, natürlich immer wieder. &bdquo;Aber die grundlegende Weichenstellung hierfür ist bereits vor vielen Jahren passiert." Man müsse zudem bedenken, dass bei der Sanierung eines Bestandsgebäudes nie die Kostensicherheit bestehe, wie man sie bei einem Neubau habe.

Neubau hätte 50 Millionen gekostet

Ein Baustopp sei aber nie in Erwägung gezogen worden, auch, da die Arbeiten ein &bdquo;schleichender Prozess" seien. Noch immer stecke man mitten in Planung, ergänzte Ronald Achtsnick, Fachdienstleiter Hochbau. &bdquo;Ein Neubau würde heute mindestens 50 Millionen Euro kosten", so Achtsnick. Zumal man den auch nicht anders konstruiert hätte als das jetzige Rathaus. &bdquo;Platzsparend und in die Höhe mit gleichem Raster, denn das ist optimal."

Ob mit 30 Millionen das Ende der Fahnenstange erreicht sei? &bdquo;Wie sich die Baukosten entwickeln werden, ist ein Blick in die Glaskugel", so Projektleiterin Angela Schmidt.

So geht es jetzt weiter

Da Beratungsbedarf angemeldet wurde, ist der Beschluss der Vorlage auf die Ratssitzung am Mittwoch, 22. September, vertagt worden. Dennoch drängt die Verwaltung auf ein Votum, damit es mit den Arbeiten weitergehen kann. &bdquo;Jeder Tag ohne politische Entscheidung führt zu einer weiteren Verzögerung", so Zimmermann. Und eine kategorische Ablehnung der Vorlage sei eben auch keine Lösung, meinte Hans-Joachim Lücking. &bdquo;Wir haben auch Verantwortung den Rathaus-Mitarbeitern gegenüber." Er betonte aber auch: &bdquo;So etwas darf nie wieder passieren."

Kommentar:"Entscheidung steht eh" Von Alexandra Schaller

Déjà-vu: Nach der immensen Kostensteigerung am Schulzentrum Aspe ist es wieder passiert. Die Kosten bei der Rathaussanierung explodieren und liegen nach jetzigem Stand bei 30 Millionen Euro. Mindestens.

Dass sich die Politiker von der Verwaltung ein wenig an der Nase herumgeführt fühlen, ist mehr als verständlich. Schließlich hätte die von Anfang an mit offenen Karten spielen und ganz klar sagen müssen: Nicht nur die Fassade, sondern das Rathaus an sich muss saniert werden. Denn dass in einem Gebäude aus den 70ern einiges im Argen liegt, kann sich schon der Laie denken. Doch es hilft nichts, jetzt ist das Kind in den Brunnen gefallen. Und am Ende steht die Entscheidung eh schon fest: Zustimmung der Politik, oder das Rathaus bleibt eine ewige Baustelle. Dass sich der eine oder andere Politiker mit dieser Ausgangslage jetzt ordentlich &bdquo;veräppelt" fühlen mag – wen wunderts.

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