Interview mit Cornelia Koch, Direktorin des Salzufler Ameos-Klinikums

Bad Salzuflen. In den verwinkelten Gängen des Ameos-Klinikums – der früheren Lippischen Nervenklinik (LNK) Dr. Spernau – findet sich Cornelia Koch schon ziemlich gut zurecht. Seit zwei Monaten ist sie Krankenhausdirektorin des Standorts. Im Interview erzählt sie, was sie sich vorgenommen hat.

Frau Koch, endlich noch eine Frau an der Spitze einer Salzufler Klinik – das gibt es bislang noch nicht so oft.

Cornelia Koch: Das habe ich tatsächlich auch gesehen, als ich mir die Kollegen und die anderen Häuser angeschaut habe. Insgesamt ist es mittlerweile aber doch ein relativ ausgewogenes Verhältnis, wenn man sich die Geschäftsführungen und Krankenhausleitungen deutschlandweit anschaut. Da ist ein großer Teil unter weiblicher Führung, das finde ich sehr positiv.

Zwei Monate sind Sie jetzt am Ameos-Klinikum in Bad Salzuflen. Haben Sie sich schon eingefunden?

Absolut. Ich fange immer sofort an, mir die Häuser in der Tiefe anzuschauen, knüpfe Kontakte und suche das Gespräch zu den Mitarbeitern. Man war mir gegenüber sehr offen, das weiß ich zu schätzen. Dadurch bekommt man schnell einen Überblick über Themen und Dinge, die bewegt werden wollen oder die auch die Mitarbeiter bewegen. Nur gemeinsam kann man einen Standort nach vorne bringen.

Was ist Ihnen bei dieser Bestandsaufnahme in Bad Salzuflen aufgefallen?

Ich glaube, das Haus hat ein unglaubliches Potenzial, das momentan nicht genutzt wird. Die Gründe sind mannigfaltig, ich analysiere sie noch. Aber ich habe schon Ideen, es gibt Themen, die wir abarbeiten müssen. Das habe ich auf der Agenda.

Worum geht es da konkret?

Der größte Punkt, der uns in Bad Salzuflen bewegt, ist der Fachkräftemangel. Wir müssen überlegen, wie wir attraktiv werden und welche Vorteile wir haben. Die müssen wir klar am Markt adressieren und zeigen, was Ameos in Bad Salzuflen ausmacht.

Welche Standortvorteile hat Bad Salzuflen?

Wir sind klein, familiär und unglaublich teamfähig. Es gibt gute Teams, die auf Augenhöhe interdisziplinär zusammenarbeiten. In einem so kleinen, familiären Kontext hat man ein viel engeres Miteinander, steht im direkten Austausch mit den Kollegen, hilft sich untereinander.

Welche Baustellen haben Sie hier noch ausgemacht?

Wir müssen die Klinik für die Zukunft aufstellen, und zwar durch gute Strategien, Marktanalysen und Recherchen. Zudem müssen wir schauen, wo wir gegebenenfalls noch Angebote schaffen können und wo der Bedarf aus der Gesellschaft heraus da ist.

Wo wäre das aktuell der Fall?

Nicht nur die Depressionsrate ist während der Pandemie extrem nach oben gegangen. Was uns noch umtreibt, ist, dass wir einen hohen Bedarf an Behandlung von &bdquo;Long-Covid"-Patienten haben. Innerhalb dieser Diagnose gibt es viele Krankheitsbilder – Depression, Spielsucht oder körperliche Symptome. Es zeichnet sich hier ein weitreichendes Bild. Hier gilt es, jetzt ein Angebot zu schaffen, um all diese Bereiche unter eine Glocke zu bekommen und für jeden Patienten ein Angebot zu schaffen, in dem er sich gut aufgehoben fühlt und das seinen Bedürfnissen entspricht.

Ihr Vorgänger Sebastian Klein hatte auch &bdquo;Satellitenstandorte" vorgeschlagen, weil der Standort hier an der Waldstraße schwer zu erweitern ist. Wäre das auch für Sie ein Thema zum Stichwort Infrastruktur?

Das ist ein strategisches Ziel, das ich ebenso weiterverfolge. Der Markt bewegt sich weg von der stationären hin zur ambulanten Versorgung. Daher könnte ich mir ein spezielles oder zusätzliches Angebot einer Tagesklinik vorstellen. Das wird von vielen Patienten gut angenommen, weil man abends zuhause sein kann, bei der Familie, und nicht in der Psychiatrie untergebracht ist – da gibt es nach wie vor Berührungsängste. Das wäre eine Aufgabenstellung für die Zukunft.

Sie leiten neben dem Standort Bad Salzuflen auch das Ameos-Klinikum Osnabrück mit 420 Betten. Gibt es da große Unterschiede?

Mein Fokus liegt aktuell auf Bad Salzuflen, die Themen sind hier andere als in Osnabrück. Wir haben weniger Stationen und Patienten, eine andere Infrastruktur, andere Anforderungen an die Patientenversorgung. Das heißt allerdings nicht, dass die Probleme, die uns im Gesundheitswesen umtreiben, kleiner sind. Sie sind überall gleich – egal wie groß das Haus ist. Und die müssen wir lösen.

Sie kommen als Diplom-Ingenieurin aus dem Baubereich, waren zuletzt an einer somatischen Klinik tätig und sind jetzt in die Psychiatrie gewechselt. Welche Vor- oder Nachteile hat ihr beruflicher Hintergrund?

Im Bau- und auch im Klinikmanagement muss man in erster Linie dem Menschen und seinen Bedürfnissen gerecht werden. So viel anders ist das also gar nicht. Wenn man aus der Somatik kommt, hat man eigentlich den großen Rundumschlag gelernt. Die Grundstruktur in der Psychiatrie ist der Somatik jedoch recht ähnlich. Das hat mich ein Stück weit überrascht. Wobei: In der Psychiatrie wird viel mehr geredet (lacht). Daran musste ich mich auch erst gewöhnen. Aber inzwischen finde ich das sehr charmant und sehe es als großen Vorteil gegenüber der Somatik, weil es hier eine ganz andere Diskussionskultur gibt.

Die Belegung liegt im Ameos-Klinikum Bad Salzuflen aktuell bei rund 75 Prozent. Was heißt das finanziell für den Standort?

Aufgrund der Corona-Vorgaben können wir momentan keine Volllast fahren, da wir sonst die Abstände nicht einhalten könnten. Aber das kann natürlich nicht mein wirtschaftlicher Anspruch sein. Um finanzielle Sicherheit herzustellen, müssen wir uns neue Strategien überlegen. Das fängt bei der Stationszuordnung an.

Sie haben also noch weitere Ideen für die Zukunft im Kopf...

Die Struktur innerhalb des Hauses und die Infrastruktur sind wichtige Punkte. Ich könnte mir auch einige Sanierungsprojekte vorstellen, womit konzeptionelle Änderungen auf den Stationen einhergehen könnten. Zudem müssen wir überlegen, welche Angebote wir noch schaffen müssen. Wir werden künftig eine ganz andere Flexibilität an den Tag legen müssen.

Viele Menschen haben mit den Auswirkungen der Pandemie zu kämpfen, Sie sagten bereits, dass die Suchtproblematik zunimmt. Werden Sie des Bedarfs in der Klinik überhaupt Herr?

Unsere Kernaufgabe ist es, all den Herausforderungen dieser Pandemie zu begegnen und für unsere Patienten da zu sein – unabhängig vom Krankheitsbild. Wir schaffen aber auch zusätzliche Angebote, weil sich viele Patienten nicht stationär in ein psychiatrisches Krankenhaus begeben wollen. Durch Webinare bieten wir Denkanstöße und Raum zum Austausch. Sie sind ein niedrigschwelliges Angebot für einen Erstkontakt – darauf liegt ganz klar unser Fokus.

Sind psychische Erkrankungen nach wie vor ein Tabu-Thema?

Sie sind noch immer mit einem Tabu behaftet. Allerdings hat die Behandlung von psychischen Problemen durch Corona und &bdquo;Long Covid" eine ganz andere Akzeptanz in allen Schichten der Gesellschaft bekommen. Das hat sich verändert und könnte vielleicht sogar eine positive Seite der Pandemie sein. Zudem gehen auch viele Prominente beispielsweise mit ihren Depressionen offener um und fordern dazu auf, das Thema aus der dunklen Ecke zu holen.

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