Szenario für den Ernstfall - Was tun, wenn's im Landesmuseum brennt?

Detmold . Der Brand in den frühen Morgenstunden im Lippischen Landesmuseum hat ein verheerendes Ausmaß gehabt: Drei von vier Ausstellungsräume im Erdgeschoss des Hauses Ameide und ein Nachbarraum der Bibliothek sind betroffen, etliche Gemälde, Zeitschriften und Bücher sind insbesondere durch das Löschwasser stark beschädigt. Jetzt ist es an den Mitgliedern des Notfallverbunds, die Objekte zu bergen und möglichst viele davon zu retten.

Genauigkeit wichtiger als Geschwindigkeit Dies ist das Szenario für die Übung am Montag, für die 35 Teilnehmer aus verschiedenen Detmolder Institutionen zusammen gekommen sind. &bdquo;Nicht die Geschwindigkeit ist wichtig, sondern die Genauigkeit", erklärt Einsatzleiterin Dr. Elke Treude. Die Objekte seien bereits nass, da könne eine Stunde mehr auch nicht viel mehr kaputt machen. &bdquo;Schlimmer wäre es, wenn wir sie einfach rausreißen und hinterher nicht mehr zuordnen können." Damit dies nicht geschieht, gibt es einen genauen Plan, nach dem die Organisations- und die Bergungsphase ablaufen.

Birgit Kleemeier, ihres Zeichens Restauratorin, und Katja Wiebe gehen durch die betroffenen Räume und nehmen den Schaden in Augenschein. 35 Ölgemälde und 25 Aquarelle sind darunter – einige komplett nass, andere leicht verrußt. Dazu kommen zwei Regalreihen Zeitschriften und drei Regalreihen Bücher, die teils stark durch das Feuer, teils nur leicht beschädigt sind. Aber auch hier: Wasserschäden wohin das Auge blickt.

Aquarelle haben Vorrang &bdquo;Wir sehen uns an, was stark durchnässt ist und was am empfindlichsten ist", sagt Birgit Kleemeier. Die Aquarelle müssten als erstes geborgen werden. &bdquo;Sie sind wasserbemalt. Wenn wir Glück haben, steht die Farbe noch drauf, so dass wir die Bilder trocknen können." Danach wären die Ölgemälde, dann die Zeitschriften und dann die Bücher dran, letztere eventuell auch parallel.

Im Foyer des Museums steht Christian Wendtland in einem Pulk von Leuten. Er kümmert sich darum, das Personal einzuteilen und den nötigen Raum für die Arbeit der Helfer zu organisieren. Zwischendurch gibt es immer wieder Absprachen mit der Einsatzleiterin. Draußen trifft die Feuerwehr ein und bringt die Notfallcontainer, die 2017 für Fälle wie diesen angeschafft und eingelagert worden sind. Ein Trupp setzt sich in Bewegung, um sie zu entladen.

&bdquo;Die Container sind bei der Stadt eingelagert", berichtet Mario Rakusa, Pressesprecher im Landesmuseum. Darin befindet sich alles, was für Einsätze dieser Art benötigt wird – von der Axt über Leitern, Saugern bis hin zu Verpackungsmaterial und Kisten, in denen die beschädigten Objekte transportiert werden können. Später würden sie an einem noch zu bestimmenden Ort zwischengelagert, bis sie abschließend behandelt und zurück ins Museum gebracht werden könnten.

Aber soweit ist es noch nicht. Gerade hat Sabine Boos, die Schadensräume besichtigt, um zu erkunden, wo die Bergungstische aufgestellt werden können. Nach einiger Beratung ist klar: Dort ist nicht genug Platz, um sich auszubreiten; außerdem ist noch alles nass oder verrußt. Deshalb werden die Tische für die Bergungsoperation nun im Foyer des Museums aufgestellt. Weitere sind bereits unterwegs.

Drei Bahnen sind hier im Regelfall vorgesehen: je eine für nasse, feuchte und trockene Objekte und deren Erstversorgung. Reinigen, gefrieren, trocknen, trocken halten sind die Arbeitsschritte, die folgen würden. Plus Dokumentation und Objektverfolgung, damit alle Objekte zugeordnet werden können. Das alles passiert an diesem Tag jedoch nicht. Geprobt wird lediglich die Organisation. Wie agieren die Leute, die sich oftmals nur vom Sehen her kennen, miteinander? Wie schnell dauert es, Gruppen zu bilden und Entscheidungen zu treffen? Wie sicher sind die &bdquo;Führungskräfte"? Diese und andere Fragen stehen im Mittelpunkt.

Am Rande sitzen, bislang fast unbemerkt, einige Beobachter, die das Geschehen genau verfolgen und sich Notizen machen. Am Ende erfolgt eine Rückkopplung und ein Austausch über die Übung – damit alle für den echten Ernstfall gut gerüstet sind.

Institutionen arbeiten zusammen Der Notfallverbund Detmold wurde 2015 gegründet. Ihm gehören das Archiv der Lippischen Landeskirche, die Bibliothek der Hochschule für Musik Detmold, das Kreisarchiv Lippe, das Landesarchiv NRW Abteilung OWL, die Lippische Landesbibliothek / Theologische Bibliothek und Mediathek, das Lippische Landesmuseum und das Stadtarchiv Detmold an. &bdquo;Mit der Unterzeichnung der Notfallvereinbarung verpflichteten sich die Einrichtungen, sich im Notfall mit Personal, Material, Fahrzeugen, Know-How und anderem auszuhelfen", erklärt Tonia Witthaut vom Landesarchiv NRW. Seit Gründung des Verbundes finde ein regelmäßiger Austausch statt, unter anderem mit gemeinsamen Übungen und Schulungen. So ist unter anderem auch schon die Verpackung von Kulturgut geprobt worden. Die enge Zusammenarbeit mit der Detmolder Feuerwehr sei dabei selbstverständlich und hilfreich.

Szenario für den Ernstfall - Was tun, wenn's im Landesmuseum brennt?

Sonderschau in Detmold: Denk:Mal! - 150 Jahre Hermannsdenkmal

Bei Super-GAU im Archiv:„Notfallverbund Lippe - Herford“ soll Kulturschätze retten

Neues Lichtkunst-Festival in Detmold thematisiert Nachhaltigkeit und Recycling

Diese Schätze besitzt die Lippische Landesbibliothek in Detmold

Besondere Neuzugänge bereichern die Sammlung im Landesmuseum in Detmold

Das LWL-Freilichtmuseum Detmold öffnet die virtuellen Tore ins Magazin

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus

0,99 € im ersten Monat

Angebot: Jahresabo nur 99 €