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Häusliche Gewalt nimmt in der Krise zu

Sven Koch

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Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt geworden sind, finden im einzigen lippischen Frauenhaus Zuflucht. Allerdings sind die Umstände hier ausgesprochen schwierig.  - © Symbolbild Pixabay
Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt geworden sind, finden im einzigen lippischen Frauenhaus Zuflucht. Allerdings sind die Umstände hier ausgesprochen schwierig.  (© Symbolbild Pixabay)

Detmold. Die unausweichliche Nähe durch Kontaktverbote in der Öffentlichkeit, Homeoffice, Kurzarbeit und andere Auswirkungen der Corona-Krise fördert Konflikte, Streit und Eskalation in Partnerschaften. Besonders gefährdet sind diejenigen, die schon vor der Pandemie häusliche Gewalt erlebt haben. An Betroffene wendet sich nun eine Notfallkarte.

Ein Problem mit der häuslichen Gewalt, sagt die Detmolder Gleichstellungsbeauftragte Regina Homeyer, ist die Tatsache, dass sie aktuell kaum messbar ist. „Messbar wird sie nur dann", schildert sie, „wenn die Polizei aktiv wird oder es zu Hilfegesuchen kommt, zum Beispiel bei der Beratungsstelle Alraune." Der Lockdown, der häusliche Gewalt begünstigt, verhindert aber paradoxer Weise zurzeit solche Kontakte.

Der Grund: Betroffene Frauen haben in der Wohnung zum Beispiel keine Möglichkeit, zu telefonieren, ohne dass der gewalttätige Partner es mitbekommt. Seit es zu Lockerungen gekommen sei und das öffentliche Leben wieder anlaufe, würden Anrufe bei der Alraune wieder mehr, sagt Regina Homeyer – eben deswegen, weil Frauen nun wieder die Möglichkeit hätten, unbeobachtet Kontakt aufzunehmen.

Die eigene Wohnung ist der gefährlichste Ort

Wie sehr häusliche Gewalt durch die Corona-Beschränkungen zugenommen habe, werde man wohl erst zu einem späteren Zeitpunkt bilanzieren können. Klar sei jedoch, dass es zu einem Anstieg kommen werde. „Das nehmen wir regelmäßig nach den Sommerferien oder nach Weihnachten wahr – immer dann, wenn viel Zeit miteinander verbracht wird und sich eben herausstellt, dass das nicht gut ist beziehungsweise es zu enttäuschten Erwartungen kommt, die sich dann in Gewalt entladen." Das werde in der Corona-Krise nun nicht anders sein.

Gewalt in der Partnerschaft einzudämmen und Betroffene – zumeist Frauen – zu schützen, ist schon lange eine Aufgabe des Kooperationsgremiums „Für Lippe gegen häusliche Gewalt". Die Corona-Krise und die weiter anhaltenden Beschränkungen rücken diese oft tabuisierte Problematik ins öffentliche Bewusstsein. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass auch im ländlichen Kreis Lippe häusliche Gewalt zunimmt" erläutert auch Nicole Krüger, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Lippe, die zusammen mit Regina Homeyer (Stadt Detmold – Gleichstellungsstelle), Elke Wachtmann (Kreispolizeibehörde Lippe – Opferschutz) und Karin Tegeler (Frauenberatung Alraune, Detmold), die Steuerungsgruppe des Kooperationsgremiums bildet.

Paare mit und ohne Kinder stünden vor äußerst belastenden Herausforderungen. „Zu Hause bleiben! Das ist bisher die beste Maßnahme zum Schutz vor dem Corona-Virus. Und zugleich ist genau die eigene Wohnung für viele Frauen nicht nur der gefährlichste Ort. Häusliche Gewalt wird als besonders belastend wahrgenommen" erklärt Regina Homeyer, „denn sie geht von einem Menschen aus, dem man vertraut."

Die Hemmschwelle sei hoch, Hilfe zu holen – bei Betroffenen und dem nahen sozialen Umfeld. Elke Wachtmann, Opferschutzbeauftragte der Polizei, appelliert, nicht weg zu sehen beziehungsweise zu hören und bei Gewaltausbrüchen die Polizei zu rufen. Mit diesem Schritt werde eine sogenannte Interventionskette ausgelöst.

Es griffen dann Maßnahmen des Kooperationsgremiums „Für Lippe gegen häusliche Gewalt", um den Schutz und die Sicherheit für betroffene Frauen und Kinder zu erhöhen, gleichsam die Täter in die Verantwortung zu nehme. Stellvertretend für die Steuerungsgruppe des Kooperationsgremiums macht Karin Tegeler in diesem Zusammenhang deutlich: „Die verschiedenen Einrichtungen des Hilfesystem im Kreis Lippe sind ansprechbar. Die Beratungsstellen und auch das Frauenhaus leisten Unterstützungsarbeit."

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