„Gestalten statt Verwalten“: Diese Frau will neue Bürgermeisterin von Detmold werden

Detmold . Dr. Marika Thiersch (42) ist eine Rückkehrerin: Nach beruflichen Stationen in der Versicherungsbranche in großen deutschen Städten lebt sie seit zwei Jahren wieder in ihrer Heimatstadt Detmold. Jetzt will sie dort Bürgermeisterin werden. Im LZ-Interview spricht sie über ihre Motivation, ihre politischen Ziele und erklärt, warum sie davon überzeugt ist, die richtige Wahl für Detmold zu sein.

Frau Thiersch, Sie kommen aus der Versicherungsbranche und sind erst seit Kurzem Mitglied in der Detmolder CDU. Warum wollen Sie sich in Detmold politisch engagieren?

Dr. Marika Thiersch : Ich bin in Detmold geboren und aufgewachsen. Seit zwei Jahren wohne ich mit meiner Familie wieder hier. Zuletzt habe ich im Versicherungswesen gearbeitet. Versicherung bedeutet für mich sozialer Auftrag, weil man für die Menschen dann da ist, wenn ihnen das Schlimmste passiert. Ich glaube, es gibt keinen besseren Beruf, um das zu üben. Irgendwann bekam ich ein tolles Jobangebot von der Deutschen Vermögensberatung in Frankfurt und war dort im Management tätig. Als Abgesandte des Unternehmens wurde ich in den Wirtschaftsrat der CDU entsendet – das war mein erster direkter Berührungspunkt mit der Politik. Dort war ich über zehn Jahre Mitglied und habe die Wirtschaftspolitik aktiv mitgestaltet. Ich möchte gerne bewegen und Dinge positiv verändern. Als ich zurück nach Detmold kam, wollte ich das auch hier tun. Ich bin allerdings nicht eingetreten, um gleich Bürgermeister-Kandidatin zu werden – anfangs wollte ich das nicht.

Und dann kam es ganz anders?

Dr. Marika Thiersch : Es war ein Prozess, und es gab viele Gespräche. Ich hätte es vielleicht nicht gemacht, wenn ich hier nicht so ein tolles Team vorgefunden hätte. Alle haben mir vermittelt, dass sie mit ganzem Herzen bei der Sache sind und etwas bewegen wollen. Das ist unser Ziel: Wir wollen nicht verwalten, sondern gestalten. Ich bin sehr dankbar, dass ich die Chance bekomme und mir dieses Vertrauen geschenkt wird. Ich bin mir aber auch der großen Herausforderung – und ja, auch der Arbeit – bewusst, die damit verbunden ist. Das ist der richtige Schritt für Detmold, für uns als CDU, aber – und das ist mir ganz wichtig – nicht nur für die CDU. Schließlich sind wir alle hier in der Politik angetreten, um Detmold besser zu machen.

Warum sind Sie sicher, dass Sie genau die Richtige für den Job sind?

Dr. Marika Thiersch : Letztendlich habe ich den Zuspruch von Menschen, die das mehr als gut beurteilen können. Ich glaube, Herr Thelaner (CDU-Fraktionsvorsitzender, Anm. d. Red.) mit seiner politischen Erfahrung und Vorarbeit ist einer, der das besonders gut einschätzen kann. Ich glaube, wenn einem Dinge nicht gefallen, darf man nicht nur reden, sondern muss auch handeln. Wenn man dann die Chance bekommt, hat man auch eine Verantwortung. Sonst wäre ich nur eine von vielen, die sich stets beschweren, aber wenn es so weit ist, nicht – salopp gesagt – den Schneid haben, wirklich in die Bresche zu springen. Detmold liegt mir am Herzen. Meine Familie lebt seit Generationen in Lippe. Darauf bin ich stolz. Jetzt habe ich die Chance, etwas zurückzugeben.

Wie hilft Ihnen dabei Ihre bisherige Berufserfahrung?

Dr. Marika Thiersch : In der Spitze hatte ich 18.000 Leute zu führen. Ich habe Fusionen von verschiedenen Firmen begleitet und bin Change-Managerin. Mir ist wichtig, dass ich Menschen nach ihren Talenten fördere und sie neben mir groß machen kann. Das sind Eigenschaften, mit denen wir auch engagierte, junge Leute für die Stadt begeistern – und halten können. Das gehört zu den Dingen, die fehlen, wo ich frischen Wind reinbringen kann. Wir möchten nicht verwalten, wir möchten gestalten. Deswegen brauchen wir in Detmold jemanden, der schon mal bewiesen hat, dass er das kann. Ich bin ja nicht diejenige, die die Verwaltungsjobs übernimmt. Wir haben sehr gute Menschen hier in Detmold, die das seit Jahren beweisen. Es geht darum, gemeinschaftlich Lösungen zu entwickeln.

Da wären wir beim Thema Bürgernähe. Haben Sie schon Ideen, wo Sie da anpacken wollen?

Dr. Marika Thiersch : Ich würde gerne in jeden Ortsteil fahren und vor Ort sowohl Gewerbetreibende als auch die Bürger auf der Straße fragen: Was läuft hier im Ort richtig gut? Was läuft hier nicht so gut? Und was muss geändert werden? Das kann die kaputte Parkbank sein, aber auch etwas Größeres. Zuhören, verstehen und handeln.

So ein Angebot des Bürgermeisters gibt es jetzt schon, mit dem Format #hilkerhoertzu

Dr. Marika Thiersch : So ist das mit den Ideen: Bei Herrn Hilker ist das Problem, dass, wenn sein Mobil fährt, er oft nicht drin sitzt. So wurde es mir zumindest des Öfteren zugetragen. Das wird bei mir auf jeden Fall anders sein. Der Ansatz ist nicht verkehrt, im Gegenteil. Wir müssen zuhören, um handeln zu können. Was daraus gemacht wird, ist aber das, was zählt. Ich glaube, da drückt der Schuh – insbesondere in der Wirtschaft, aber auch bei jungen Erwachsenen, Senioren und unseren ausländischen Mitbürgern, die bisher wenig gehört worden sind.

Wo möchten Sie da ansetzen?

Dr. Marika Thiersch : In der Wirtschaft. Wenn wir eine starke Wirtschaft haben, haben wir gute Arbeitsplätze. Und mit guten Arbeitsplätzen haben wir oftmals auch zufriedenere Bürger. Deswegen finde ich es immens wichtig, dass wir hier in Detmold die Wirtschaft mehr hören und, wenn möglich, auch mehr stärken. Vielleicht schaffen wir es dann, möglichst jedem einen so guten Arbeitsplatz hier vor Ort zu vermitteln, dass wir nur noch über Wohnungen sprechen – und nicht mehr über Sozialwohnungen. Neben der Wirtschaft ist mir die Bildung sehr wichtig. Ich weiß, auf kommunaler Ebene ist das eher schwierig. Aber wenn wir von Förderung unserer Kinder sprechen, sollte das nicht nur in eine Richtung gehen. Auch begabte und interessierte Schüler verdienen Förderung und bilden schließlich auch den Nachwuchs für ansässige Arbeitgeber. Das kann in Form von AGs sein, die als Unterstützung für die Schulen angeboten werden. Am Ende geht es immer um Verständnis und Wertschätzung. Wenn ich etwas verbessern möchte, muss ich ein Verständnis schaffen. Warum geht etwas, warum geht etwas nicht? Wenn Verständnis da ist, ist auch Akzeptanz da. Da möchte ich hin.

Sie sind Mutter von zwei Kindern. Das Bürgermeisteramt in Detmold ist ein Fulltime-Job. Wie wollen Sie Amt und Familie in Einklang bringen?

Dr. Marika Thiersch : Ich bin zurück in Detmold, weil ich hier eine Familie und viele Freunde habe. Und es heißt immer so schön: Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen. Und diesen Background habe ich hier. Das ist auch der Grund, warum ich gesagt habe: Ja, ich traue es mir zu! Wenn, dann hier. Hier in der Heimat, hier mit Freunden, hier mit Bekannten und Familie. In meinen alten Jobs war ich auch nie unter 60 Stunden. Mein Mann ist selbstständig und steht da voll hinter mir. Er sagte: Marika, Detmold liegt dir so am Herzen, wenn du wirklich etwas bewegen willst, dann mach es. Dann kriegen wir das hin.

Persönlich Dr. Marika Thiersch ist 42 Jahre alt, in Detmold geboren und aufgewachsen und hat nach dem Abitur Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Personal studiert. Es folgte ein MBA mit Schwerpunkt Finanzmanagement und Controlling. Ihre Promotion erlangte sie mit einer Dissertation zum Thema Zufriedenheitsforschung. Schon während der Studiengänge arbeitete sie in großen Versicherungskonzernen und in der Bank. Heute lebt sie mit ihrem Ehemann und ihren Zwillingen (10 Jahre) in Hiddesen.

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