"Mister Kirche" aus Lage verabschiedet sich von seiner Gemeinde

Lage. "Ich bin für Sie da" - Pfarrer Richard Krause hat das in seiner Gemeinde gelebt. Und wer den Pfarrer der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde kennt, der weiß, dass er mit einer Offenheit, die auch unbequem sein konnte, und Engagement gleichermaßen rechnen muss. Am Sonntag, 1. Oktober, wird er nach 37 Jahren verabschiedet.

Dass dann Herbstferien sind, eventuell nicht alle zu seinem Abschied kommen können, das sei ihm klar. "Aber mir ist das Datum wichtig. An Erntedank 1988 wurde ich in das Amt eingeführt." Als Pfarrvikar begann er am 1. November 1986 seinen Dienst in der lutherischen Kirchengemeinde. Damals gab es Kontroversen, es fehlte die Ruhe, die Führung, die eine gute Gemeindearbeit auszeichnet. Und so bekam Richard Krause vom damaligen Landessuperintendenten Dr. Ako Haarbeck, der ihn seit einer Studentenfahrt nach Schottland adelte, den Auftrag: "Sir Richard, sorgen Sie für Ruhe in Lage." Krause sagt heute, er habe damals großen Respekt vor der Aufgabe gehabt, schließlich war er noch unerfahren.

Aber eine Charaktereigenschaft hat ihm geholfen: Er vermittelt, ist teamorientiert, aber auch zielstrebig, und wenn er sich eine Meinung gebildet hat, dann geht er schnurstracks nach vorne und zögert nicht, auch unbequem zu sein. "Damit habe ich manchen sicher auch enttäuscht", sagt er. Andere wiederum hat er damit mitgenommen, denn Richard Krause legt auch großen Wert darauf, mit der Zeit zu gehen. Viele Projekte hat er angestoßen und gemeinsam mit dem Kirchenvorstand und dem Team drumherum umgesetzt. "Man ist kein Einzelkämpfer, sondern muss immer eine breite Basis finden. Und da muss ich auch der Gemeinde ein großes Lob aussprechen."

Netzwerker aus Leidenschaft Das Netzwerken sieht der Pfarrer als großes Plus. Er rührt in vielen Töpfen, ist unter anderem Vorsitzender im Lippischen Pfarrverein oder kümmert sich im Rotary-Club um Austauschschüler, war viele Jahre Sprecher des Stadtkonvents und bis jetzt stellvertretender Superintendent der Lutherischen Klasse in der Lippischen Landeskirche. "Das hat vieles einfacher gemacht. Man weiß, wen man ansprechen kann und kennt die Themen früher, die auf die Gemeinde zukommen", sagt Krause.

Und so ist es nicht verwunderlich, dass Richard Krause neben seinem "Sir" einen weiteren Titel trägt: Mister Kirche. Fährt er auf seinem Rad durch die Stadt, wird er oft angesprochen. "Der Kontakt mit Menschen ist mir das Wichtigste." Pfarrer zu sein, das sei für ihn kein Beruf, sondern eine Berufung. Ein Kümmern - auch rund um die Uhr. Er freut sich, dass es Menschen gibt, die zwar nicht zur Gemeinde gehören, aber ihn darum bitten, die Trauerrede für einen Angehörigen zu halten, ein Paar zu trauen oder ein Kind zu taufen.

Der Aufforderung, in der Gemeinde für Ruhe zu sorgen, sei er nachgekommen. Aber damit einher ging nicht Stillstand. "Die Diskussionen gehören dazu, wenn wir etwas Neues einführen wollen, dann müssen wir argumentieren. Und auch dann, wenn wir zum Beispiel Projekte nicht weiterführen sollten." Cambine nennt er als Beispiel. "Da gab es nicht mehr diese Rückmeldungen von unseren Partnern. Dann macht es keinen Sinn, das weiter zu verfolgen." Und da sie wieder, die Zielstrebigkeit: Richard Krause sieht nicht nur das Geben, sondern hinterfragt auch, ob die andere Seite mitzieht und bereit ist zu einem lebendigen Austausch.

Das Pfarrer-"Dreamteam" Lebendig und Kirche - das ist für ihn kein Widerspruch, auch wenn er sieht, dass sich die Kirchen leeren. Während Corona hat er den Gottesdienst to go ins Leben gerufen, vieles lasse sich digital abbilden. "Wenn wir junge Menschen gewinnen wollen, dann müssen wir uns dem weiter öffnen. Aber das ersetzt nicht den persönlichen Kontakt." In seiner Laufbahn bezeichnet er die Zusammenarbeit mit Pfarrer Lars Kirchhof als "Dreamteam". "Wir haben uns sehr gut ergänzt und zum Beispiel Jüngere, also ab 40, an ihren Geburtstagen besucht. Da gab es schon mal erstaunte Gesichter", sagt er schmunzelnd. 400 bis 500 Kontakte im Jahr ergaben sich alleine hieraus.

Aber weil die Zahl der Gemeindeglieder schrumpft, ändert sich der Personalschlüssel, was Krause kritisch sieht. "Ein Pfarrer braucht eine volle Stelle", sagt er. Ob er mal damit geliebäugelt hat, woanders hinzugehen? "Ich dachte anfangs nicht, dass ich hier pensioniert werde", gesteht er lachend. Und ja, als es darum ging, seine Teilzeitstelle wieder aufzustocken und es dazu erst keine Bereitschaft gab, habe er sich umgesehen. Aber dann habe es doch geklappt, und er sei sehr gerne geblieben.

Für seinen Abschied wünscht er sich keine Geschenke, sondern eine Spende für den Neubau eines Kindergartens in Vilnius. Dort war er bereits, und es hat ihn beeindruckt, wie die Dinge da angepackt und umgesetzt werden können. Im Ruhestand wird er auch wohl keineswegs ruhig sein. Mehr mit seiner Frau zu unternehmen, mehr Zeit für seine drei Kinder zu haben - das gehört dazu. Genauso wie seine Ehrenämter. Was er seiner Gemeinde sagen möchte: "Es würde mich sehr freuen, wenn sie meine Nachfolgerin genauso warmherzig empfangen würden wie mich damals."

Ein "Wolf" zum Abschied Pfarrer Richard Krause liebt Musik, und so ist es ihm eine Freude, dass Shawn and the Wolf am Freitag, 29. September, um 19.30 Uhr im Gemeindehaus am Sedanplatz ein Jazz-Konzert geben. Die offizielle Verabschiedung ist am Sonntag, 1. Oktober, ab 10 Uhr beim Erntedank-Gottesdienst in der Heilig-Geist-Kirche. Im Anschluss gibt es einen Empfang im Gemeindehaus.

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