Schüler in Lemgo müssen für den Bus künftig zahlen

Lemgo. Zwei Jahre konnten die Schüler der weiterführenden Lemgoer Schulen auf Kosten der Kommune fahren - soweit sie das Westfalenticket denn brachte. Ob der Schulweg lang oder kurz war, alle kamen in den Genuss des subventionierten Tickets. Damit aber ist ab kommendem Schuljahr Schluss. Dann kommt das Deutschlandticket - mit Eigenanteil für alle Schüler. Dank der Bürger für Lemgo (BfL) einigten sich die Fraktionen auf einen Kompromiss.

Laut Schülerfahrtkostenverordnung des Landes ist der Schulträger verpflichtet, ab einem Schulweg von 3,5 beziehungsweise 5 Kilometern für Jugendliche der Sekundarstufe I und II die Kosten zu übernehmen. Lemgo hatte sich im Sommer 2022 dafür entschieden, allen Schülern das Westfalenticket zu schenken, egal wie lang der Schulweg ist.

Doch das ist teuer und die Zeiten haben sich geändert: Auch die alte Hansestadt schiebt aktuell einen hohen Schuldenstand vor sich her, daher schlug die Verwaltung vor, das Modell zu ändern : Dabei setzte sie auf das Deutschlandticket, das letztlich günstiger als das Westfalenticket sei. Berechtigte Schüler sollten es für sieben Euro im Monat erhalten (regulär derzeit 49 Euro), nicht berechtigte Schüler könnten sich das &bdquo;LemgoTicket“ für 7 Euro monatlich oder auch das Deutschlandticket für 20 Euro monatlich sichern. Der relativ geringe Eigenanteil sei angesichts des hohen Freizeitwertes durchaus zu vertreten, so die Verwaltung.

Baer: &bdquo;Tieftrauriger Tag für alle Familien“ Doch die Vorlage kam längst nicht bei allen Politikern an, die bereits im Schulausschuss am 18. April Beratungsbedarf angemeldet hatten. Im Rat stand jetzt die Entscheidung an und besonders drastische Worte kamen von Alexander Baer, Fraktionschef der SPD, der von &bdquo;einem tieftraurigen Tag für die Lemgoer Familien“ sprach und den Vorschlag der Verwaltung gar für zynisch hielt. Das freie Westfalenticket für alle Schüler sei ein Erfolgsmodell, das ohne Not geopfert werden solle. Zudem sei es im Haushaltsplan doch bereits eingepreist worden.

Das sahen auch die Grünen ähnlich, die sich ebenso wie die SPD für die Fortführung des &bdquo;bewährten Modelles“ aussprachen. Schließlich sei es sozial, pädagogisch und ökologisch, meinte Fraktionschef Burkhard Pohl. Das freie Westfalenticket sichere die soziale Teilhabe der jungen Menschen und schaffe Mobilität für jene, die sie sonst nicht hätten. Zudem führe es dazu, dass die Jugendlichen verstärkt an den ÖPNV herangeführt würden.

Krause: &bdquo;Nicht verhältnismäßig“ SPD-Chef Alexander Baer meinte beobachtet zu haben, dass das Westfalenticket zu deutlich weniger Verkehr und Elterntaxen vor den Schulen geführt habe. Davon aber hatte Stephan Krause (FDP), selbst Lehrer, noch nichts bemerkt. Zudem bezweifelte er, dass es Aufgabe der Stadt sei, allen Schülern, egal wo sie wohnen und wie begütert die Eltern sind, die Freizeitfahrten zu finanzieren. &bdquo;Das ist einfach nicht verhältnismäßig.“ Zudem würden die jüngeren Schüler in fünfter oder auch sechster Klasse das Angebot noch gar nicht alleine nutzen können. &bdquo;Da werden sie von uns quasi zwangsbeglückt.“

Dem Vorwurf von Alexander Baer, das freie Westfalenticket zu streichen, sei zynisch, widersprach Stephan Krause entschieden. Zynisch sei es letztlich, allen anderen Bürgern die zusätzliche Steuerbelastung aufzudrücken. Denn kostenlos sei das Ticket schließlich nicht, sondern belaste über die Steuern letztlich alle Lemgoer Bürger.

Kompromiss von der BfL Dem hatte auch CDU-Fraktionschef Carsten Steinmeier wenig hinzuzufügen, der zudem darauf hinwies, dass die Kosten für das Westfalenticket die kommenden Jahre laut Verwaltung noch kontinuierlich steigen würden. Eigentlich würde er zwar, ebenso wie Stephan Krause, für den Weg &bdquo;Back to the roots“ votieren - also das Ticket nur für berechtigte Schüler ausgeben - doch das sei mehrheitlich wohl kaum umzusetzen.

Udo Golabeck (esL) wies zudem darauf hin, dass es im Umkreis keine Kommune gebe, die aufgrund ihrer Haushaltslage noch Geschenke im Schülerverkehr vergebe.

Und so schlug die Stunde von Wolfgang Sieweke von den Bürgern für Lemgo (BfL). Er hatte sich detailliert mit den Plänen auseinandergesetzt und schlug einen Kompromiss vor. So sollten alle berechtigten Schüler das Deutschlandticket für 7 Euro Zuzahlung monatlich erhalten, Schüler mit kürzerem Schulweg aber anstatt 20 Euro, wie es die Verwaltung vorschlug, nur 12 Euro zahlen. Die &bdquo;LemgoCard“ wäre alternativ für 7 Euro zu haben.

Der BfL-Fraktionschef machte folgende Rechnung auf: Das Westfalenticket für alle ohne Eigenbeteiligung würde die Stadt jährlich 1,3 Millionen Euro kosten, der Verwaltungsvorschlag 730.000 Euro und der BfL-Kompromiss wäre für 800.000 Euro Zuzahlung jährlich zu haben.

Günstigste Variante fast ohne Lemgoer Schüler Auch den Vorschlag &bdquo;Back to the roots“ aus den neun Alternativ-Vorschlägen der Verwaltung hatte er genauer betrachtet: Mit jährlich 676.000 Euro wäre diese Variante zwar die günstigste für die Stadt, hätte letztlich aber den Nachteil, dass vor allem auswärtige Schüler Nutznießer wären. Daher warb er für seinen Kompromiss. Dem konnte auch Bürgermeister Markus Baier durchaus etwas abgewinnen: &bdquo;Das ist gar nicht schlecht.“

Letztlich stimmten CDU/Aufbruch C, FDP, BfL, esL und AfD für das neue Modell und hatten damit die Mehrheit gegenüber den Stimmen von SPD und Grünen.

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