Es wird spannend: Das steht für Lemgos Bürgermeister in den kommenden Jahren an

Lemgo. Die Wahl ist gelaufen. Bürgermeister Markus Baier bleibt Chef im Rathaus und tritt am Montag offiziell die zweite Amtszeit an. Was steht für ihn die kommenden Jahre auf der Agenda, wie wird sich die politische Arbeit im Rat verändern? Die LZ hat bei dem 52-Jährigen nachgefragt.

Herr Baier, Sie haben mit knapp 58 Prozent der Stimmen überzeugend gewonnen. Viele gingen von einer Stichwahl aus. Haben Sie mit diesem Ergebnis gerechnet?

Markus Baier: Ich bin ein optimistischer Typ, aber ganz ehrlich hätte ich schon gedacht, es könnte knapper werden.

Sie haben als unabhängiger Kandidat firmiert, sind aber für die CDU angetreten und für die Partei auch in den Rat gewählt worden. Ihren Sitz haben Sie mittlerweile an Nachrückerin Pia Maria Steinmeier abgegeben. Ist das für die Wähler noch transparent?

Markus Baier: Ich bin als Bürgermeister im Rat und ausdrücklich nicht als Mitglied der CDU-Ratsfraktion. Ich habe das an vielen Stellen erläutert. Das Wahlrecht gibt da viele Möglichkeiten. Ich bin parteilos. Immer gewesen, das hat die CDU auch nicht abgeschreckt.

Sie hätten das Angebot der CDU auch ablehnen können.

Markus Baier: Klar hätte ich als Einzelbewerber antreten können. Aber natürlich hat man so deutlich mehr Unterstützung. Und wir können ja gut miteinander. Als größte Fraktion könnte die CDU ansonsten auch einen eigenen Kandidaten aufstellen.

Es geht auch um finanzielle Unterstützung?

Markus Baier: Natürlich auch. Im Zweifel muss man den Wahlkampf selbst zahlen, wenn man ganz alleine antritt. Wir haben das aufgeteilt. Ich habe einen beträchtlichen Teil selbst gezahlt. Ein besserer Kleinwagen ist da schon drin.

Was steht für den Bürgermeister die kommenden fünf Jahre auf der Prioritätenliste?

Markus Baier: Ganz klar, wir müssen uns um das Gewerbe kümmern. Was mich freut, ist, dass das nachhaltige Gewerbegebiet in Lieme so gut angenommen wird. Ein Vernetzungsangebot, von Energieeinsparungen über gegenseitige Hilfe bei Reparaturen oder auch Sharing-Angeboten. Aber wir brauchen natürlich auch Fortschritte bei der Bauleitplanung, in Lieme und auch in der Laubke ist noch etwas möglich.

Stichwort Wohnen.

Markus Baier: Das bleibt natürlich Schwerpunkt. Wir haben einen engen Wohnungsmarkt in Lemgo, aber auch einiges an Projekten aufstellen können. Am Pahnsiek wird gerade das größte Neubaugebiet der Stadt erschlossen. Auch im Studentenwohnbereich geht es voran. Aktuell sind drei Studentenwohnprojekte in der Planung, zwei in Brake und eins am Pahnsiek.

Wie steht es um die Entwicklung der Innenstadt? Bödekers Scheune oder auch die Commerzbank bleiben prominente Leerstände.

Markus Baier: Am Lippegarten sind mehr Veranstaltungen das Ziel. Die Stadt hat die Scheune gekauft, die denkmalpflegerischen Untersuchungen sind gelaufen. Wir haben durchaus Ideen, wie es mit der Immobilie weiter gehen könnte. Das wollen wir dem Investor gerne mitgeben, damit er den nicht ganz so günstigen Umbau auf gute Beine stellen kann.

Ziel ist es, die Scheune weiter zu verkaufen. Gibt es bereits einen Investoren?

Markus Baier: Nein, wir haben noch nicht ausgeschrieben. Flankierend werden wir auch geeignete Menschen auf die Ausschreibung hinweisen.

Und Commerzbank & Co?

Markus Baier: Der größte Leerstand im ehemaligen Rossmann wird ja mit NKD gefüllt. Das wird etwas mehr Frequenz geben. Und die Commerzbank? Wir können dem Immobilienbesitzer nur bedingt helfen, wenn alle Vorschläge abgewiesen werden. Letztlich kommt es aber in der Innenstadt auf die Gesamtheit vieler Maßnahmen an.

Wo sehen Sie noch Potenzial?

Markus Baier: Zusammen mit Lemgo Marketing und der neuen Geschäftsführerin wollen wir uns verstärkt dem Thema Tourismus widmen. Wir wollen geeignete Maßnahmen entwickeln, um Lemgo unter der Dachmarke Teutoburger Wald noch besser zu positionieren. Den Schritt, den wir mit dem Campingplatz gegangen sind, sollten wir fortschreiben. Damit holen wir Menschen nach Lemgo, die dann auch ihr Geld hier lassen und dem Einzelhandel gut tun.

Die Schulentwicklung bleibt ein großes Thema: Ob Engelbert-Kaempfer-Gymnasium, Wallschule oder Marianne-Weber-Gymnasium. Überall gibt es Raumnot.

Markus Baier. Da muss man auf lange Sicht die demografische Entwicklung im Blick haben. Gleichzeitig gibt es aber vorübergehende Engpässe. Beim MWG wird es durch G 9 enger. Beim EKG haben wir durch den PCB-Befund ein Gebäude verloren, das wir in diesem Schuljahr den Untersuchungsergebnissen nach nicht wieder in Betrieb nehmen können. Und die Wallschule? Die Musikschule soll in die alte Anne-Frank-Schule übersiedeln, dafür haben wir einen Förderantrag gestellt.

Das alles dauert, doch gerade am Marianne-Weber-Gymnasium drängt die Zeit.

Markus Baier: Im Endeffekt werden wir auf lange Sicht eine befriedigende Lösung für beide Gymnasien haben. Aber für das MWG wird es im kommenden Schuljahr vorübergehende Lösungen geben müssen. Etwa mit Modulklassen. Da haben wir am EKG gesehen, wie schnell das gehen kann.

Aber wohin mit den Containern? Die Schulleitung am MWG sieht vor Ort kaum noch Möglichkeiten.

Markus Baier: Das ist nicht einfach. Da wird man Kompromisse machen müssen. Einen kleinen Schulhof, wenn es für drei oder vier Jahre ist, nimmt man da vielleicht in Kauf. Wir haben an EKG und Realschule gesehen, dass sich Bauarbeiten auf dem Gelände und Schulbetrieb nicht ausschließen müssen.

Wo sehen Sie weitere Herausforderungen?

Markus Baier: Herausfordernd bleiben die kommunalen Finanzen. Lemgo steht besser da als andere Kommunen. Aber trotzdem haben wir 120 Millionen Euro Schulden. Da bleibt die Frage, wie ich mit wenig Geld möglichst viel erreichen kann. Für Schulbau und andere Infrastrukturmaßnahmen stehen Ausgaben von über 300 Millionen Euro an – und noch mal so viel bei den Stadtwerken. Wir müssen die Aufgaben so erfüllen, dass die Bürger damit glücklich sind und wir trotzdem unseren Handlungsspielraum als Stadt erhalten.

Sonst droht die Haushaltssicherung?

Markus Baier: Oft ist es so, dass die kleinen Maßnahmen die Leute besonders freuen. Ein gelungenes Fest, das gar nicht viel Geld kosten muss. Wir wollen Spielraum für die kleinen schönen Dinge und auch für Vereine erhalten. Aber gerade das fällt ja weg, wenn die Haushaltssicherung greift.

Wie steht es um die politische Arbeit im Rat?

Markus Baier: Der Stadtrat bleibt politisch bunt. Statt sieben haben wir jetzt acht Fraktionen, aber mit weniger Personen. Ich denke, dass weiterhin ergebnisorientiert miteinander gesprochen wird.

Angesichts von sechs Vertretern der AfD im Stadtrat könnte das schwierig werden.

Markus Baier: Ich hoffe, dass jeder, der sich in den Rat hat wählen lassen, das gemacht hat, um konstruktive Kommunalpolitik zu betreiben. Und nicht, um Stimmung zu machen oder Bundes- oder Europapolitik zu besprechen.

Wie läuft es mit den Ausschüssen?

Markus Baier: Wir wollen in der ersten Ratssitzung am 3. November die Ausschüsse beschließen und die Vorsitze verteilen. Bei acht Fraktionen lohnt es sich, vorab darüber zu sprechen. Auch der AfD steht mindestens ein Vorsitz zu.

Nach der zweiten Amtszeit mit Bürgermeister Baier – sollte da noch eine dritte folgen?

Markus Baier: (lacht) Das ist noch lang hin. Aber vom Alter her schon. Für die Pension wäre ich noch etwas jung.

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