Neun-Euro-Ticket stellt lippische Verkehrsbetriebe vor Herausforderungen

Kreis Lippe . Die Idee ist gut. Aber was die Umsetzung der enorm verbilligten Fahrkarte für Bus und Bahn angeht, da sehen die Organisatoren des Nahverkehrs in Lippe dunkle Wolken am Horizont aufziehen. &bdquo;Solch eine Herausforderung haben wir noch nie gehabt", sagt Wolfgang Janz, Geschäftsführer der Detmolder Stadtverkehrsgesellschaft ( SVD ).

Hintergrund der Krisenstimmung bei den ÖPNV-Machern ist die Ankündigung der Berliner Ampel-Koalition, bundesweit für drei Monate ein Neun-Euro-Ticket im Nahverkehr einzuführen. Damit sollen Pendler angesichts der hohen Benzinpreise entlastet, gleichzeitig soll der Klimaschutz vorangebracht werden .

Doch: &bdquo;Die Idee ist mit niemandem abgesprochen. Niemand hat die Konsequenzen bedacht", sagt SVD-Chef Janz und ist sich dabei mit anderen ÖPNV-Organisatoren wie Achim Oberwöhrmeier, dem Geschäftsführer der Kommunalen Verkehrsgesellschaft Lippe, einig. Er warnt vor einem &bdquo;ungeheuren administrativen Aufwand", der nun komme. Und: Das System ist nicht darauf ausgelegt, von jetzt auf gleich deutlich mehr Fahrgäste zu befördern. Die Probleme im einzelnen:

Nachfrage

Was passiert, wenn das Ticket zum Mai kommt und alle es haben wollen? Auf solch einen Ansturm sei das SVD-Kundencenter nicht ausgelegt, sagt Janz.

Konflikt mit Abos

Wer bislang schon eine Monatskarte im Abo hat, dem muss der Differenzbetrag erstattet werden. &bdquo;Unsere Bestandskunden dürfen nicht schlechtergestellt werden", betont Stefan Honerkamp, Geschäftsführer des Verkehrsverbunds (VVOWL) in Bielefeld.

Technikprobleme

Fahrkartenautomaten und -drucker müssen umgestellt werden. Das hat einen langen Vorlauf. Janz spricht von vier bis fünf Monaten. Bis zum Mai sind es nur wenige Wochen.

Finanzen

Die Gegenfinanzierung könnte kompliziert werden. Wie will man rechnen? Zumal Experten davon ausgehen, dass es Einbrüche beim Verkauf von Einzeltickets geben wird. Sie sind für den ÖPNV eine wichtige Einnahmequelle. &bdquo;Jeder, der rechnen kann, wird sich überlegen, ob das Neun-Euro-Ticket nicht günstiger ist", sagt Janz. Es soll nach seinen bisherigen Informationen ein Drei-Monats-Abo für ganz Westfalen-Lippe sein. Er und Oberwöhrmeier sind sich einig: Hätte man sich auf Bundesebene auf einen Nulltarif für Bus und Bahn geeinigt, wäre zumindest der Verwaltungsaufwand deutlich niedriger. Janz: &bdquo;Nulltarif wäre viel einfacher zu machen." Oberwöhrmeier fände den Aufwand eher sinnvoll, wenn das Neun-Euro-Ticket eine Dauereinrichtung werden würde – um die Verkehrswende voranzubringen.

Kapazitäten

Wird es in Bus und Bahn nicht viel zu voll werden und gibt es überhaupt genügend? Busfahrer sind bereits Mangelware, außerdem drohen coronabedingte Ausfälle beim Personal. Und: &bdquo;Wir haben keine Busse rumstehen", sagt Janz. Gerade dann, wenn Schüler die Fahrzeuge füllen, könnte es knapp werden. &bdquo;Wenn wir den Leuten sagen müssten, dass sie morgens nicht mehr mitkommen, würde das die ganze Sache konterkarieren", meint Janz.

Allen Sorgen wegen drohender Kapazitätslücken zum Trotz: Wegen Corona fahren deutlich weniger Menschen mit dem Bus als vor der Pandemie. Achim Oberwöhrmeier, Geschäftsführer der Kommunalen Verkehrsgesellschaft Lippe, beziffert die Einbußen auf 50 bis 60 Prozent außerhalb des Schülerverkehrs. Die hohen Benzinpreise treiben die Pendler derweil noch nicht scharenweise in Busse und Bahnen. Im Lemgoer Stadtbus hat man noch keinen Zuwachs verzeichnet. Auch aus Detmold heißt es, Kundenzuwächse ließen sich nicht messen.

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